Woran die Debatte über Frauenarbeit seit Jahren krankt
Plädoyer für alle jene, die das Frauenvolksbegehren nicht unterschrieben.
Dies ist eine Sachverhaltsdarstellung für die Gleichbehandlungskommission, mit der Bitte um Prüfung auf etwaige Verfassungswidrigkeiten: Es gibt in unserem Land eine durch unverwechselbare körperliche Merkmale eindeutig gekennzeichnete Menschengruppe, die gegenüber dem Rest der Bevölkerung ausgesprochen bevorzugt erscheint.
Die Mitglieder dieser elitären Kaste sind von Natur aus mit mehr Lebens- und per Gesetz mit mehr Pensionsjahren ausgestattet. Sie sind vom obligatorischen Wehrdienst befreit und bei Restaurantbesuchen häufig von der Zahlungspflicht entbunden. Ein ungeschriebenes Gesetz bevorzugt sie bei der Sitzplatzverteilung in der Straßenbahn.
Dank ihres größeren Sprechbedürfnisses können sie die kommunikativen Vorteile von Mobiltelefonen und sozialen Medien bei gleichen Pauschaltarifen besser nützen.
Sie sind aufgrund der Paarungsgewohnheiten in unseren Breiten meist die Umworbenen. In Fragen der Fertilität haben sie die Deutungshoheit und bei der Nachwuchsplanung Entscheidungsfreiheit. Dank der exklusiven Fähigkeit, Kinder in die Welt zu setzen, erfreuen sie sich besonderer Wertschätzung und umfassender Schutzbestimmungen.
Die Mode-, Schmuck- und Kosmetikindustrie ist vorwiegend um sie und ihre häufig wechselnden Wünsche bemüht. Es wird ihnen oft durch die Tür und aus dem Mantel geholfen.
Inzwischen ist ein eigenes Ministerium nur ihrem Wohlergehen gewidmet, was auf Dauer den Unmut der Minderheitsbevölkerung gegen die privilegierte Mehrheit schüren kann.
Sie kommen – auch wenn sie nicht Flick, Wlaschek, Karajan oder Horten heißen – häufiger in den Genuss von Erbschaften.
Sie sind mit einer wärmedämmenden weichen Oberflächenbeschichtung ausgestattet, werden bei Schiffskatastrophen aber dennoch als Erste gerettet.
Allerdings: Bei Bergleuten, Asphaltierern, Kanalräumern, Schachspielern und Totengräbern sind sie erstaunlich unterrepräsentiert.
Sie werden von selbst ernannten Interessenvertreterinnen bemuttert, die in ihrem Namen rufschädigende Volksbegehren anzetteln. Dadurch erscheinen sie als hilflose, bedürftige Opfer auf einer nie endenden Verliererstraße, was zum Krankheitsbild der eingebildeten Minderwertigkeit mit all ihren zersetzenden Folgen führt.
Der Autor dieser Sachverhaltsdarstellung ehrt die Frauen, denn sie „flechten und weben“bekanntlich „himmlische Rosen ins irdische Leben“; er liebt viele von ihnen, bewundert manche und verehrt einige.
Aber als Kollektiv bedauern kann er die Frauen beim besten Willen nicht. Auch wenn einige Berufsfrauen durch den Wegfall der Mitleidskeule um ihre Existenzgrundlage gebracht werden.
Die seit Jahren im Kreis gehende Diskussion über Frauenarbeit und Frauenentlohnung scheint daran zu kranken, dass es weniger um Chancengleichheit als um Ergebnisgleichheit geht. Es wird paranoid nach böswilligen Feinden außerhalb der eigenen Gruppe gesucht, statt selbstkritisch nach möglichen Ursachen und deren Behebung zu forschen.
Wenn eine Gruppe von Arbeitnehmerinnen tatsächlich unter ihrem Wert bezahlt wird, also „billig“für die geldgierigen Arbeitgeber ist, müsste sie ja als Erstes beschäftigt und aus dem Arbeitskräfteangebot verschwunden sein.