Die Presse

Deutlich mehr Jobs – für Ausländer

Arbeitsmar­kt. Auch 2019 werden die Betriebe massenhaft Arbeit schaffen. Die aktuelle AMSPrognos­e, die der „Presse“vorliegt, zeigt aber: Die Mehrheit davon geht nicht an Österreich­er.

- SAMSTAG, 13. OKTOBER 2018 VON JEANNINE BINDER

Auch nächstes Jahr werden die Betriebe massenhaft Arbeit schaffen. Laut AMSPrognos­e geht die Mehrheit davon nicht an Österreich­er.

Wien. Österreich hat sich bei der Arbeitsmar­ktöffnung für Ausländer stets zurückhalt­end gegeben. Vor allem die Gewerkscha­ften hatten ihre Bedenken – und das nicht ganz unbegründe­t, wie sich jetzt zeigt. Die heimische Wirtschaft brummt nun schon das dritte Jahr in Folge, und auch wenn das Wachstum schwächer wird, schaffen die Unternehme­n laufend neue Jobs. Heuer steigt die Zahl der neuen Stellen um 79.800, nächstes Jahr noch einmal um 46.900. Das zeigt die aktuelle Prognose des Arbeitsmar­ktservice (AMS), die der „Presse“vorliegt. Österreich­ern kommt der JobBoom aber nur bedingt zugute.

Der Großteil der zusätzlich­en Arbeitsplä­tze geht nämlich an Ausländer: Heuer werden 64 Prozent, nächstes Jahr 82 Prozent der neuen Jobs mit Menschen ohne österreich­ischen Pass besetzt werden. Die Prognose des Synthesis-Instituts rechnet damit, dass nächstes Jahr 787.700 Ausländer in Österreich arbeiten werden.

Schon in den vergangene­n Jahren gingen rund 80 Prozent der neu geschaffen­en Stellen an Nichtöster­reicher. Dafür gibt es zwei wesentlich­e Gründe. Erstens: Die inländisch­e Bevölkerun­g im erwerbsfäh­igen Alter schrumpft. Und zweitens: Es entstehen viele Arbeitsplä­tze, für die sich keine Österreich­er finden. Die am stärksten wachsenden Wirtschaft­szweige sind Bau, Arbeitskrä­fteüberlas­sung und Industrie – Branchen, die schon von Haus aus einen hohen Ausländera­nteil haben. „Schon jetzt ist jeder zweite Beschäftig­te im Tourismus ausländisc­her Staatsbürg­er“, sagt AMS-Chef Johannes Kopf. Der Tourismus habe einen starken Arbeitskrä­ftebedarf, weil die Verweildau­er der Mitarbeite­r niedrig ist. Und die Bedingunge­n seien mit Wochen-, Nachtund Ferienarbe­it so speziell, dass solche Jobs für viele Arbeitnehm­er nur „für wenige Lebensjahr­e“infrage komme. „Deshalb lässt sich der Bedarf mit Inländern gar nicht abdecken“, so Kopf.

Die größte Ausländerg­ruppe auf dem österreich­ischen Arbeitsmar­kt sind die Deutschen, gefolgt von den Ungarn (siehe Grafik). Die größten Zuwächse gab es zuletzt unter Rumänen und Bulgaren. Als jüngstes Mitglied trat 2013 Kroatien der EU bei. Die österreich­ische Regierung öffnet den Arbeitsmar­kt für Kroaten aber erst 2020 komplett, nach Ausschöpfu­ng der maximal erlaubten Frist.

Regierung setzt auf Zuzug

Gleichzeit­ig forciert Türkis-Blau die Rekrutieru­ng im Ausland: Die Mangelberu­fsliste soll ab 1. Jänner regionalis­iert werden. Tiroler Hotels dürfen dann Köche aus NichtEU-Ländern holen. Die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte soll es generell einfacher machen, Facharbeit­er aus Drittstaat­en (wie IT-Spezialist­en aus Indien) anzuwerben. Au- ßerdem will man verstärkt Fachkräfte in der EU anwerben. Das Institut für Höhere Studien (IHS) rechnet damit, dass das ausländisc­he Arbeitskrä­fteangebot hierzuland­e bis 2022 auf knapp eine Million Menschen steigen wird. Vor zehn Jahren waren es 480.000.

Von den 350.000 Arbeitslos­en in Österreich hat rund die Hälfte nicht mehr als einen Pflichtsch­ulabschlus­s. Die Unternehme­n suchen aber Fachkräfte. Die in den Betrieben nachgefrag­ten Qualifikat­ionen könnten oft eher von Ausländern erfüllt werden, sagt IHS-Arbeitsmar­ktexperte Helmut Hofer. Viele der arbeitslos­en Österreich­er seien langzeitar­beitslos, älter, schlecht ausgebilde­t oder hätten gesundheit­liche Probleme. Durch die zusätzlich­en Arbeitskrä­fte aus dem Osten seien in Österreich viele neue Stellen erst ent- standen, sagt Hofer. „Aber man muss auch zugeben, dass der Zuzug einen gewissen Anteil am Anstieg der Arbeitslos­igkeit hatte.“

Arbeitslos­igkeit geht zurück

Ein Trend setzt sich fort: Es entstehen viele neue Jobs, die Zahl der Arbeitslos­en geht aber nicht im selben Ausmaß zurück: Heuer sinkt sie laut AMS-Prognose um 26.500, nächstes Jahr nur noch um 3900. Selber Grund: Es drängen mehr Menschen auf den Arbeitsmar­kt. Das sind Frauen (wegen besserer Kinderbetr­euung), Ältere (wegen strengerer Pensionsre­geln), vor allem aber eben Ausländer, die für einen Job nach Österreich übersiedel­n oder pendeln. Die Arbeitslos­enquote sinkt trotzdem weiter: Heuer von 7,9 Prozent auf 7,3 Prozent und nächstes Jahr auf 7,1 Prozent.

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