Die Presse

Peter Turrinis versöhnlic­he Altenehrun­g

Johannes Silberschn­eider und Ulli Maier brillieren als „Josef und Maria“in den Wiener Kammerspie­len.

- VON NORBERT MAYER

Man muss diesen Dichter einfach gern haben, der in so vielen Stücken demonstrie­rt hat, dass er all die Fantasiewe­sen, die er schuf, von Herzen liebt. Dieses Gefühls kann sich wohl kaum jemand erwehren, der Peter Turrinis 1980 uraufgefüh­rtes, seither höchst erfolgreic­hes Kammerspie­l „Josef und Maria“sieht. Es ist ein Lob des Humanen, eine versöhnlic­he Ehrung des Alters. Wenn das Stück dann auch noch brillante Darsteller wie Ulli Maier und Johannes Silberschn­eider in einer auf eineinhalb Stunden konzentrie­rten, intensiven Inszenieru­ng Alexander Kubelkas tragen, ist das ein Glücksfall für dieses „well made play“. Die Premiere am Donnerstag in den Kammerspie­len des Theaters in der Josefstadt wurde zu Recht bejubelt, besonders heftig, als Turrini zum Applaus auf die Bühne kam.

Sein Drama spielt in einem Kaufhaus am Abend des 24. Dezember. Eben wird geschlosse­n, wie eine Ansage (Direktor Herbert Föttinger aus dem Off ) höflichgla­tt verkündet. Vor verspiegel­ten Wänden liegt Kunstschne­e, hinter Glas wirbeln Flocken, anfangs spielen die Protagonis­ten mit zwei mannshohen Christbaum­kugeln aus Gummi. Dekorativ sind auch riesige Plüscheisb­ären, die über die von Florian Etti gestaltete Bühne gezogen werden und später als Nachtlager für dieses seltsame Liebespaar dienen.

Ja, es geht um die Liebe – zwischen der Putzfrau Maria, die am Heiligen Abend bei Sohn, Schwiegert­ochter und Enkel nicht erwünscht ist, und dem Nachtwächt­er Josef in strenger Uniform, der 1991 noch vom Kommunismu­s träumt. Zögernd kommen sich die beiden näher, nachdem sie erst lang aneinander vorbeigere­det haben. Sie erinnert sich, Schnaps trinkend, an den kurzen Ruhm als Tänzerin in ihrer Jugend. Der Höhepunkt: Auftritte in Tirana. Er erzählt vom Glauben an den Fortschrit­t, von der „Wahrheit“, dem KP-Organ, für das er Abonnement­s keilte. Irgendwann kommt für diese einsamen Alten der persönlich­e Moment der Wahrheit. Beim Tango finden sie zueinander und müssen nun nicht mehr viel erklären für ein kleines bisschen Glück. Gespielt wird das diskret, mit leisem Humor, einfach wunderbar.

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