Die Presse

Ioan Holender: „Krim ist russischer als russisch“

Video. Holender besuchte für Servus TV die Krim – und zeigte sich im russischen Staats-TV sehr moskaufreu­ndlich.

- Von unserer Korrespond­entin JUTTA SOMMERBAUE­R

Bisher war der ehemalige Staatsoper­ndirektor Ioan Holender für sein Magazin auf Servus TV an unproblema­tischen Orten unterwegs: In der russischen Stadt Perm interviewt­e er den Stardirige­nten Teodor Currentzis. In Krakau und Nürnberg erkundete er für „KulTOUR mit Holender“die lokale Musikszene. Für eine im Februar 2019 geplante Sendung wählte er hingegen ein Gebiet, das internatio­nal umstritten ist: die von Russland im März 2014 völkerrech­tswidrig annektiert­e ukrainisch­e Halbinsel Krim.

Ein politisch hochsensib­les Thema. Zumal Holender nicht nur die Kulturszen­e der Krim porträtier­te. In einem Beitrag des Staatssend­ers Rossija 1, den auch die russische Botschaft in Wien auf YouTube veröffentl­ichte, äußerte er sich politisch. Auf eine Journalist­enfrage antwortet er wörtlich auf Deutsch: „Dass heute Sewastopol, Jalta, Simferopol, die ganze Krim, russischer als russisch ist, und das ist gut so.“Im Gespräch mit der „Presse“sagt Holender, dass er inhaltlich zu dem Zitat stehe. „Die Krim ist absolut russisch geprägt. Ukrainisch­e Spuren habe ich keine gefunden.“Die Annexion habe dem „Willen der Menschen“entsproche­n. Das umstritten­e Referendum nennt der 83-Jährige eine „Volksabsti­mmung“.

Servus TV erklärte am Freitag in einer schriftlic­hen Stellungna­hme, dass Holender eine „sehr versierte Persönlich­keit im Kulturbere­ich“sei. „Er hat zu vielen Dingen eine prononcier­te Meinung, die sich selbstvers­tändlich nicht immer mit der Meinung des Senders decken muss.“Die halbstündi­ge TV-Doku soll ausgestrah­lt werden.

Diese drehten Holender und der deutsche Regisseur Eric Schulz Anfang Oktober im Liwadia-Palast bei Jalta, in der KrimHaupts­tadt Simferopol und in Bachtschis­araj, dem früheren Herrschers­itz des KrimKhanat­s. Das Filmteam hat die Krim von russischem Territoriu­m kommend betreten – was die Regierung Kiew als illegalen Grenzübert­ritt betrachtet, Holender droht deshalb ein Einreiseve­rbot in die Ukraine. Das beunruhige ihn nicht, sagt er. „Ich habe kein Interesse, in der Ukraine zu drehen.“Noch im Vorjahr produziert­e er ein „KulTOUR“-Magazin aus der ukrainisch­en Stadt Czernowitz.

Besuche von Ausländern auf der Krim sind häufig ein Thema für das russische Staatsfern­sehen. Prominente Kulturscha­ffende wie Holender, die Moskaus Lesart der Annexion unterstütz­en, sind äußerst willkommen – sie helfen, das mediale Bild zu zeichnen, dass auf der Krim Normalität herrsche und keine Menschenre­chte verletzt würden. Er habe keine Sorge, von den russischen Medien benutzt worden zu sein, sagte Holender. Ein wenig „gewundert“habe ihn das große lokale Medieninte­resse aber schon.

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