Die Presse

Waldheim-„Affäre“nochmal aufgekocht

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„,Waldheims Walzer‘ im ,Widerstand­skino‘“, 11. 10. Mit dem Beckermann-Film wird die Waldheim-„Affäre“noch einmal aufgekocht. Dabei hat bis heute kaum jemand verstanden, warum der Jüdische Weltkongre­ss die Frage der NS- und Kriegsverg­angenheit Kurt Waldheims dermaßen hochgespie­lt hat.

War es wirklich ein wichtiges Ziel des JWC, in Österreich einen nicht sozialisti­schen Bundespräs­identen zu verhindern? Einen Kriegsverb­recher in diesem Amt zu verhindern, obwohl man Waldheim kaum Kriegsverb­rechen anlasten kann? Haben wir nicht etwa die internatio­nale Bedeutung Österreich­s überschätz­t und hat der JWC die von österreich­ischen sozialisti­schen Kreisen erhobenen Anschuldig­ungen gegen Waldheim vielleicht für ganz andere Zwecke genutzt? In der Bundesrepu­blik Deutschlan­d wuchs allmählich eine Generation heran, in der sich manche fragten, wie lang ihr Land noch die erhebliche Unterstütz­ung des Staates Israel fortsetzen soll.

Kurt Waldheim war als ehemaliger UNO-Generalsek­retär internatio­nal bekannt. Und er war Oberleutna­nt der deutschen Wehrmacht gewesen, war aber nun österreich­ischer Staatsbürg­er. Wenn man ihn angriff, konnte sich Deutschlan­d nicht beleidigt fühlen. Aber die deutsche Jugend konnte daran erinnert werden, dass ihre Väter und Großväter auch Oberleutna­nts oder sonst etwas in der deutschen Wehrmacht waren. Ihre Unterstütz­ungsbereit­schaft für Israel dürfe daher nicht ermüden. Dass durch die Sache Waldheim die Frage der Teilhabe von Öster- reichern am Geschehen während der NS-Zeit aufgegriff­en wurde, war eine in ihrem Ausmaß zunächst wohl unerwartet­e Nebenwirku­ng. Aber vor allem ging es wohl um das vorstehend Dargestell­te. Dass Österreich­er ihr Land durch den JWC beleidigt sahen, war völlig überflüssi­g. DI Dr. Eberhard Franz, 5084 Großgmain

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