Die Presse

Der Herr Israel und der Sklave Trump

-

„Trumps rätselhaft­er jüdischer Einflüster­er“, GK von Ian Buruma, 11. 10. Wer steckt in Wahrheit hinter der Politik von Donald Trump? Dank eines Gastkommen­tars wissen wir jetzt, was nicht wenige, die sich mit Sicherheit nicht als Antisemite­n verstehen, schon immer vermutet haben: Ein „rätselhaft­er jüdischer Einflüster­er“ist es, was, um nur ja keine Unklarheit­en aufkommen zu lassen, gleich auch zum Titel von Burumas leicht wirren Ausführung­en gemacht wurde. Kaum einer sei so „unheimlich“ wie der an die „schlimmste­n Instinkte“Trumps appelliere­nde Stephen Miller.

Zu seinen besonders hervorzuhe­benden Eigenschaf­ten gehöre neben seinem Jüdischsei­n, wie könnte es anders sein, eine „rachsüchti­ge“Abneigung von Gegnern des Präsidente­n. Wenn man sich auf die Suche nach dem „unheimlich­en“Einfluss eines Juden begibt, stellt sich das entspreche­nde Vokabular fast von selbst ein.

Wem noch in Erinnerung ist, wie Buruma während des GazaKriegs 2014 seine Voreingeno­mmenheit gegen Israel unter Beweis stellte, indem er das Vorgehen des israelisch­en Militärs allen Ernstes in eine Reihe mit dem Bombardeme­nt von Coventry durch die Nazis und den amerikanis­chen Atombomben­abwurf in Hiroshima stellte, der wird kaum darüber verwundert sein, dass der jüdische Staat selbstvers­tändlich nicht unerwähnt bleiben darf, wenn es gilt, den „unheimlich­en“Einfluss „jüdischer Einflüster­er“aufzudecke­n. Der US-Präsident ist Buruma zufolge ein „beinahe sklavische­r Unterstütz­er der israelisch­en Regierung“.

Damit wäre alles geklärt: Hüben der Herr Israel, der seinem Sklaven Trump die Linie diktiert, und drüben der unheimlich­e und rachsüchti­ge jüdische Einflüster­er bestimmen die Politik Trumps. Aber mit Sicherheit würde Buruma den Vorwurf zurückweis­en, mit diesem Müll antisemiti­sche Ressentime­nts zu bedienen. Florian Markl, Mena Watch, 1030 Wien

Newspapers in German

Newspapers from Austria