Der Letzte seiner Art
Der Meister gibt sich siegessicher und nennt seinen schwergewichtigen Gegner abfällig „das Monster“. Der Meister kann sich auf seine langjährige Erfahrung und seine Intuition verlassen; außerdem weiß er, dass er mit seiner finsteren Miene schon viele Gegner eingeschüchtert hat. Das Beunruhigende im Falle dieses Widersachers aber ist, dass der sich gänzlich unbeeindruckt zeigt: keine Spur von Respekt oder Angst vor seinem Gegenüber.
Bei der ersten Begegnung verläuft der Kampf eineinhalb Stunden lang ausgeglichen. Aber dann: Der Meister zieht sein Sportjackett aus; etwas später krümmt er sich über den Tisch – schließlich gibt er auf. Wortlos verlässt er den Raum. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wird der Kampf fortgesetzt. Da der Gegner keine taktischen Fehler macht, versucht der Meister, keine Taktik anzuwenden. Während des vierten Spiels sind vom Widersacher nach einer langen Denkpause seltsame Laute zu vernehmen, dann kollabiert er. Aber in Nullkommanix ist er wieder fit. Millionen Fans verfolgen mittlerweile das Spiel live über das Internet.
Letzte Partie, kurz vor dem 40. Zug: Der Meister bindet sich seine Armbanduhr ums Handgelenk. Wenn er meint, das Spiel gewonnen zu haben, pflegt er, die Uhr wieder anzulegen. In der Tat gibt der Widersacher drei Züge später auf.
Grinsend schüttelt der Meister eine Hand – nicht die des Verlierers, sondern die eines Stellvertreters. Als er seine Gewinnprämie entgegennimmt, meint er erschöpft: „Ohne Zweifel bin ich der letzte menschliche Schachweltmeister.“
Plakativ kann man sagen: Die Menschheit konnte aufatmen. Denn bei diesem Kräftemessen stand viel auf dem Spiel. Zum Glück aber ist es noch einmal gelungen, die Ehre der Menschen zu retten, wie es der Aserbeidschaner, der bereits mit 22 Jahren Weltmeister war, ausdrückt. Im Lager des Verlierers trägt man die Niederlage mit Fassung, denn anhand einer Fehleranalyse können Korrekturen vorgenommen werden, um das System zu perfektionieren. Das Ziel ist freilich: nie mehr einem menschlichen Gehirn zu unterliegen.
QWer traf wen? Gegen wen wurde der Aserbeidschaner 1985 Weltmeister? Welchen russischen Reformpolitiker unterstützte er? Welches Unternehmen stand hinter dem Gegner?