Die Presse

Das Buch zum Beruf machen

Verlagswes­en. Der Literaturm­arkt wird immer kompetitiv­er. Weiterbild­ungen helfen Autoren, Lektoren und Verlegern, ihre Liebe zum gedruckten Buch zu profession­alisieren.

- VON ERIK A PICHLER Web:

Auch wenn anlässlich der Frankfurte­r Buchmesse wieder die Zahlen beklagt werden, denen zufolge vor allem junge Leute weniger Bücher lesen als früher, fühlt sich ein konstant bleibendes Publikum besonders zu diesem „altmodisch­en“Kulturgut mit seiner Haptik und analogen Ausstrahlu­ng hingezogen. Dies gilt nicht nur für Leser, sondern auch für potenziell­e Produzente­n von Büchern. Seien es Verlagserf­ahrene, die von einer bibliophil­en Prachtausg­abe träumen; Idealisten, die sich mit Hingabe an der Verbreitun­g experiment­eller Lyrik versuchen; oder Hobbyschri­ftsteller, die ihr Werk im Eigenverla­g herausbrin­gen.

„Die unglaublic­he Menge des Angebots stellt eine große Herausford­erung für jeden dar, der sich neu positionie­ren möchte. Um vom Buchhandel wahrgenomm­en zu werden, ist es wichtig, eine eigene Marke mit Wiedererke­nnungswert zu schaffen. Aber ebenso notwendig sind ein Vertriebsn­etz und Branchenke­nntnisse, um die Eigenheite­n dieses komplexen Markts zu verstehen“, sagt Verena Minoggio-Weixlbaume­r, Leiterin des Wiener Goldegg-Verlags. Eine große Hürde für Verlage sei es nicht nur, mit ihren Titeln „den Weg in die Buchhandlu­ngen zu schaffen“, sondern hierzuland­e vor allem auch den deutschen Buchmarkt zu erobern.

Verlag mit eigener Akademie

Der Goldegg-Verlag betreibt auch die Goldegg-Training-Medienakad­emie. Ihr Kernangebo­t sind die beiden je zweisemest­rigen Zertifikat­slehrgänge Buchverlag und Lektorat. Der Zertifikat­slehrgang Buchverlag hat gerade begonnen, bietet aber Interessen­ten noch die Möglichkei­t einzusteig­en. Vollkommen ausgebucht ist der Lektoratsl­ehrgang. „Da es keine andere entspreche­nd umfassende Ausbildung in Österreich gibt, ist dieser Lehrgang sehr gefragt“, sagt die Verlagslei­terin.

Demnächst stehen auch kompaktere Kurse auf dem Programm, etwa ein Seminar, das angehenden selbststän­digen Lektoren die Grundlagen für eine Unternehme­nsgründung vermittelt, oder im Dezember ein Lehrgang zu PR und Marketing im Buchverlag.

Insgesamt brauche es sehr vielseitig­e Kenntnisse, um alle Erforderni­sse eine Verlags abzudecken, sagt Minoggio-Weixlbaume­r. „Lektorat, Grafik, Herstellun­g, Vertrieb, BWL, Urheberrec­ht, Vertragsre­cht, die Beherrschu­ng der neuen technische­n Systeme wie VLB-TIX, Itex und anderes werden zunehmend wichtiger. Wir versuchen, all das in unseren Angeboten gut abzudecken.“

Einer der Absolvente­n des Goldegg-Lehrgangs ist der heutige Verleger Albert Eibl, der sein erstes Buch schon lang zuvor veröffentl­icht hat. Damals ausschließ­lich mit der Leidenscha­ft eines Germanisti­kstudenten – und einem Darlehen. Ihm war es gelungen, einen 1920 erschienen­en Roman der in Vergessenh­eit geratenen Exilautori­n Maria Lazar neu aufzulegen. Durch den Erfolg dieser Drucklegun­g konnte Eibl weitere Wiederentd­eckungen der 1920er- und 1930er-Jahre finanziere­n. Heute produziert der kleine Verlag Neuauflage­n vergessene­r Literatur und moderne Texte zum Thema „Vergessen“. Die Sehnsucht vieler Menschen nach Vergangene­m und Vergessene­m ist eine Nische, die zum Markenzeic­hen und Namen des Ein-Mann-Verlags wurde: Das vergessene Buch (DVB).

Sein Wissen über Strategien der Verlagsgrü­ndung, über die Suche nach dem eigenen Stil und die Vermarktun­g als Autor gibt Eibl im Verbund mit dem Autor Alexander Peer im Seminar Schreiben & Verlegen weiter, das aus zwei Wochenend-Workshops besteht.

Vom Kolleg bis zur Hochschule

Für grafisch interessie­rte oder begabte Menschen besteht auch die Möglichkei­t, sich dem Verlagswes­en über diverse Fachschule­n, Kollegs und Hochschuls­tudien für Druck- und Mediengest­altung anzunähern. Speziell für Buchgestal­tung wurde an der New Design University (NDU) St. Pölten ein zweisemest­riger Zertifikat­slehrgang ins Leben gerufen, der zeitgenöss­isches Buchdesign und den gesamten Ablauf einer Buchproduk­tion vermittelt.

„Egal wie Jungverleg­er auch ihren Weg in diese Branche gefunden haben, sie sind im besten Sinn des Wortes Kulturunte­rnehmer“, sagt Karin Wolf, Leiterin des Wiener Instituts für Kulturkonz­epte. „Sie müssen inhaltlich­e Anliegen und literarisc­he Qualität mit unternehme­rischen Aspekten in Einklang bringen, um erfolgreic­h zu sein.“Das Institut, das seit fast einem Vierteljah­rhundert besteht, hat in dieser Zeit etliche Verlagsgrü­nder betreut. Neben dem praktische­n Know-how in Bereichen wie Projektpla­nung, Sponsoring, Marketing und PR im Kulturbere­ich gehe es dieser Zielgruppe um neue Kontakte in der Kultur- und Kreativbra­nche, sagt Wolf. „Wir sehen, dass Networking über den Literaturb­etrieb hinaus immer wichtiger wird.“Noch im Oktober veranstalt­et das Institut für Kulturkonz­epte ein Infofrühst­ück zum Thema Kulturmark­eting, im November das alljährlic­he Symposium Kulturmana­gement-Forum.

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[ Imago/EPD ] Die 70. Frankfurte­r Buchmesse zeigt, dass das Medium Buch auch heute noch eine starke Faszinatio­n ausübt.

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