USA: Die Folgen des Zinsanstiegs
Zinsen und Märkte. Der Zinsanstieg in der weltgrößten Volkswirtschaft trug vergangene Woche maßgeblich zum Kursgemetzel an den Aktienmärkten bei. Kurzfristig könnten die Renditen für US-Staatsanleihen weiter steigen.
Das Kursgemetzel wurde maßgeblich vom Zinsanstieg in den USA ausgelöst. Wie man davon profitieren kann.
New York. Im Nachhinein ist man immer klüger. Seit Langem sagten Analysten voraus, dass die Renditen für US-Staatspapiere dank der Zinserhöhungen der Notenbank Fed und der robusten US-Wirtschaft nach oben klettern würden. Seit Monaten hieß es, dass ein derartiger Anstieg ein Drama an den Weltbörsen auslösen könnte. Vergangene Woche war es so weit: Die US-Börsen sackten ab, und mit ihnen nahezu alle anderen wichtigen Marktplätze weltweit. War ja abzusehen.
Wenn es nur so einfach wäre. Das Problem ist, dass der Zeitpunkt für solche Kursstürze niemals genau zu prophezeien ist. Schon im Mai stieg die Rendite für zehnjährige Treasuries über die symbolisch so wichtige Marke von drei Prozent – bloß, um danach wieder darunter zu fallen.
Nicht zu früh aussteigen
Wer damals seine US-Aktien verkaufte, hat eine ordentliche Rallye verpasst. Der S&P-500-Index liegt seit dem Frühjahr immer noch rund fünf Prozent im Plus, trotz des Crashs vergangene Woche. Gar nicht einfach ist es nun auch, die Strategie entsprechend anzupassen, wobei für europäische Anleger viele Faktoren eine Rolle spielen.
Zunächst: Wie es nun weitergeht, darüber streiten die Exper- ten. Jamie Dimon etwa, Chef der Großbank JP Morgan, sorgte bereits im Frühling für Aufregung, als er sagte, die Rendite für zehnjährige Treasuries müsste eigentlich schon bei vier Prozent stehen und werde bald auf fünf Prozent ansteigen. Goldman Sachs wiederum glaubt, dass bei 3,4 Prozent Schluss ist. Auch wenn die Fed ihr Zinsband von aktuell zwei bis 2,25 Prozent bis Ende nächsten Jahres wie geplant auf mehr als drei Prozent anheben sollte.
Auch ein Verfall der Rendite ist nicht ausgeschlossen, etwa wenn die Panik an den Märkten dazu führt, dass Investoren in zehnjährigen Treasuries einen sicheren Hafen suchen. Oder wenn sich die US-Konjunktur früher als erwartet eintrübt und die Fed ihre geplanten Zinsschritte absagen muss. Steigende Kurse bei Staatspapieren bedeuten fallende Renditen, weil die hohe Nachfrage dem Emittenten die Möglichkeit gibt, die Papie- re mit geringeren Zinsen zu verkaufen. Überspitzt formuliert lässt sich festhalten: Will man wissen, wo die Rendite für die weltweit wichtigste Anleihe in einem Jahr steht, könnte man auch im Kaffeesud lesen. Bedeutender ist da schon die Momentaufnahme. Erstmals seit vielen Jahren lässt sich mit einer vermeintlich sicheren Anlage real, also nach Abzug der Inflationsrate, wieder etwas verdienen. Selbst die Rendite für zweijährige US-Papiere liegt mit knapp 2,9 Prozent deutlich über der Teuerung, sowohl in den USA als auch im Euroraum. Jene für zehnjährige US-Staatsanleihen sprang zwischenzeitlich auf über 3,25 Prozent, ehe sie sich bei rund 3,15 Prozent einpendelte. Ein Bombengeschäft also? Nicht unbedingt. Behält Jamie Dimon recht und folgen weitere Renditensprünge, bringt das im Umkehrschluss Kursverluste. Ein Beispiel: Wer am Jahresanfang sein Geld in zehnjährige Treasuries gesteckt hat, hat nun rund sechs Prozent Kursverlust zu Buche stehen. Freilich: Schlagend wird dieser nur, wenn man die Anleihe verkauft. Wer sie bis zum Schluss hält, bekommt das volle Kapital zurück und während der Laufzeit die durchaus ansehnlichen Zinsen ausbezahlt – sofern die USA nicht bankrottgehen.
Ziemlich sicher ein gutes Investment sind US-Staatsanleihen für jene, die davon ausgehen, dass der weltgrößten Volkswirtschaft ein Konjunktureinbruch blüht. Die damit wohl einhergehenden Rückgänge der Renditen sind kein Problem, weil der fixe Zinscoupon zum Kaufzeitpunkt zählt und außerdem die Kurse steigen. Man könnte die Papiere mit Gewinn verkaufen. Wiewohl, und das macht die Sache komplizierter, das Währungsrisiko dazukommt. Verliert der Dollar an Wert, kann das die Verzinsung und etwaige Kursgewinne auffressen.
Währungsrisiko ist abgefedert
Wer ein wenig Risiko nicht scheut, kann das Wechselkursrisiko auf sich nehmen. Steigen nämlich die US-Zinsen – und damit die Renditen – weiter, sollte auch der Dollar zulegen, weil mehr Kapital in Richtung höheres Zinsumfeld fließt.
Etwaige Kursverluste mit den Staatsanleihen könnten so wettgemacht werden. Fallen hingegen die Renditen, könnte auch der Dollarkurs nach unten gehen. Dem Währungsverlust würden jedoch potenzielle Gewinne beim Kurs der Treasuries gegenüberstehen.
Noch ein Wort der Vorsicht für Anhänger von Indexfonds: Wer über ETFs in Staatsanleihen investiert, nimmt sich im Prinzip die Möglichkeit, die Papiere bis zur Fälligkeit zu halten. Kursverluste schlagen in diesem Fall gleich zu Buche. Wer also von weiteren Zinsanstiegen ausgeht, sollte eher die Finger von Indexfonds auf USStaatsanleihen lassen.