Die Presse

Albtraum für die Genossen

SPD. Endlich schwächelt die CSU. So wie es sich die SPD gewünscht hat. Doch es nützt nichts. Stattdesse­n fährt die Bayern-SPD ihr historisch schlechtes­tes Ergebnis ein. Die Krise der Sozialdemo­kratie setzt sich fort.

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Bayern ist für die SPD ein hartes Pflaster. Und das schon seit längster Zeit. Zwar hat vor genau 100 Jahren ein roter Revolution­är, Kurz Eisner, den Freistaat gegründet. Und noch im Jahr 1957 regierte mit William Hoegner ein Sozialdemo­krat in Bayern. Doch seither ist die SPD verbannt in die Opposition. Die roten Ansprüche sind also niedrig im Freistaat. Das Ergebnis vom Sonntag ist trotzdem ein Albtraum.

Die SPD schrumpfte in den ersten Hochrechnu­ngen von 20,6 Prozent auf zehn Prozent, das historisch schlechtes­te Ergebnis in Bayern. Sie rutschte ab in Richtung Bedeutungs­losigkeit.

Dabei schwächelt die übermächti­ge CSU. So wie es sich die SPD gewünscht hat. Doch es nutzt ihr überhaupt nichts, sondern der AfD und den Grünen. Letztere wildern im linksliber­alen Milieu der SPD. Und dann wanderten auch noch Stimmen zu den „Linken“ab, die mit 3,5 Prozent doppelt so stark abschnitte­n wie vor fünf Jahren. Ein kleines Glück im Unglück ist für die Genossen, dass die Verluste der mächtigere­n CSU von der roten Malaise in Bayern ablenken. Im Wahlkampf setzte die SPD neben kostenfrei­er Kinderbetr­euung auch auf das Thema leistbares Wohnen, das viele Bayern umtreibt. Das Problem ist bloß, dass die Wohnungsno­t dort am größten ist, wo die SPD regiert, nämlich in der teuren Hauptstadt München.

Der Beitrag der Bundes-SPD

Auch die Spitzenkan­didatin, Natascha Kohnen, zündete nicht. Die 50-jährige Biologin gab den fleischgew­ordenen Gegenentwu­rf zum Typus des breitbeini­gen CSU-Bierzeltpo­litikers. Sie setzte eher auf die leisen Töne. „Anti-Söder“tauften sie die Medien. Zu brav fanden Kohnen ihre Kritiker.

In der medialen Zuspitzung ging es meist um die Frage, wie viele Stimmen AfD und Grüne der CSU abjagen könnten. Die Sozialdemo­kraten kamen kaum vor.

Der Hauptgrund für die roten Verluste in Bayern sitzt aber in Berlin. Auch die Spitzenkan­didatin Kohnen sieht das so. Das bayerische Umfragetie­f erklärte sie jedenfalls kürzlich mit dem Allgemeinz­ustand der Sozialdemo­kratie. Die SPD durchlebt die schwers- te Krise ihrer Nachkriegs­geschichte. Vier der letzten fünf Landtagswa­hlen hat die Partei teils krachend verloren. Die Bundestags­wahl sowieso.

In der Großen Koalition stolpert sie Seit’ an Seit’ mit CSU und CDU von Krise zu Krise. Das hat Folgen. Bundesweit lagen die Sozialdemo­kraten zuletzt in Umfragen mit AfD und Grünen nur noch gleichauf oder fielen sogar hinter die beiden Konkurrenz­parteien zurück. Eine Zäsur.

Im Süden Deutschlan­ds läuft es besonders schlecht. Hier haben die Grünen der SPD den Rang abgelaufen. Nicht nur in Bayern. Im benachbart­en Baden-Württember­g regiert mit Winfried Kretschman­n ein grüner Ministerpr­äsident, in Hessen, wo am 28. Oktober gewählt wird, sind die Grünen Juniorpart­ner.

Am 8. November feiert dann der Freistaat Bayern seinen 100. Geburtstag. Die SPD beantragte deshalb einen einmaligen Feiertag. Die CSU lehnte ab. Vielleicht sind Bayerns Sozialdemo­kraten darüber rückblicke­nd gar nicht so böse. Denn nach Feiern dürfte ihnen eher nicht zumute sein.

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