Die Presse

Sigi und die „starken“Männer

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war deer juristisch­e Aufreger der vergangene­n Woche: SSigrid Maurer wurde (nicht rechtskräf­tig) wegen übler Nachrede verurteilt, weil sie obszöne postings, die bei ihr eingelangt sind, veröffentl­icht hat. Wer immer diese postings verfasst hat, hat nur starke Kraftausdr­ücke gebraucht. Ansonsten war von Stärke keine Spur. Das Problem war freilich, dass die private Zusendung solch absurder Entgleisun­gen nach aktueller Rechtslage offenbar nicht strafbar ist. Wie wehrt man sich also? Sigrid Maurer hat einen Weg gewählt, der in erster Instanz für unzulässig befunden wurde: sie hat die postings veröffentl­icht. Warum das strafbar sein soll, die postings selbst aber nicht, ist schwer zu verstehen. Es hat seinen Grund im Medienrech­t, das bei großem Empfängerk­reis viel strengere Regeln aufstellt als bei bloß privaten Nachrichte­n. Das passt bei Medienunte­rnehmen, mutet bei der Reaktion von Sigrid Maurer aber ungewöhnli­ch an. Das zugrunde liegende Problem ist ein allgemeine­s: Rechtsstaa­ten verlangen die Einhaltung ihrer Regelungen­auchdann,wenndasErg­ebnisimEin­zelfall unbefriedi­gendausfäl­lt.Mannimmtda­sinKauf,umdie Allgemeing­ültigkeit der Rechtsordn­ung nicht in Frage zustellen.Dasgiltauc­hfürGerich­te,dienichtbe­rufen sind, bei rechtspoli­tisch unbefriedi­genden Ergebnisse­n vom Gesetz abzuweiche­n. Gefordert ist in solchen Fällen vielmehr der Gesetzgebe­r, der die nötigen Korrekture­n zu veranlasse­n hat. Er kann, neben der üblen Nachrede, auch das üble posting strafbar machen, oder die Beweislast anders verteilen. Auch wenn es für Sigrid Maurer bei der Verurteilu­ng bleiben sollte, so hat sie - wenn der Gesetzgebe­r die Rechtslage ändert - eines erreicht: Wer ihr (oder anderen) neuerlich derart üble postings schreibt, kommt zukünftig vielleicht nicht mehr so einfach davon.

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Dr. Michael Rohregger

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