Deutschland rutscht tiefer in die Krise
Nations League. Das DFB-Team enttäuschte beim 0:3 in den Niederlanden, brach im Finish auseinander. Joachim Löw verweigert sich dem Umbruch und ist angezählt.
Die Rekordnacht von Amsterdam wird Joachim Löw in Erinnerung bleiben, jedoch in keiner guten. Mit seinem 168. Länderspiel stieg er vor Sepp Herberger zum längstdienenden DFBTeamchef auf und sah eine „sehr brutale Niederlage“. Das 0:3 im zweiten Nations-League-Spiel war die höchste in seiner zwölfjährigen Amtszeit und die höchste gegen die Niederlande. „Was nicht passieren darf, ist, dass wir die letzten zehn Minuten so auseinanderfallen“, kritisierte der 58-Jährige nach den Treffern von Virgil van Dijk (30.), Memphis Depay (87.) und Georginio Wijnaldum (93.).
Löw vertraute wieder seinem gewohnten Stamm, darunter fünf Weltmeister von 2014, einzig Schalke-Stürmer Mark Uth, der in dieser Saison noch nicht getroffen hat, fand sich überraschend bei seinem Länderspieldebüt gleich in der Startelf wieder. Mit 27 Jahren ist Uth allerdings kein Talent mehr, die potenziellen Zukunftshoffnungen Leroy Sane´ und Julian Brandt wurden erst eingewechselt. „Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es jetzt nicht nur mit jungen Spielern geht“, verteidigte sich Löw. „Nach dem War-Zustand wird niemand bewertet, sondern immer nach dem Ist-Zustand.“
Mehr Ballbesitz (60:40), mehr Schüsse (21:14) und eine höhere Genauigkeit bei mehr Pässen (578: 392) konnten nicht kaschieren, dass es an Kreativität und Überraschungsmomenten im deutschen Spiel fehlt. Der einstige Goalgetter Thomas Müller ist mit zwei Toren in den letzten zwei Jahren Sinnbild der Offensivkrise. „Schönreden bringt jetzt nichts mehr. Immer Pech ist kein Zufall“, meinte Bayern-Profi Joshua Kimmich.
Bereits am Dienstag (20.45 Uhr, live, ARD, dazn) wartet das schwere Auswärtsspiel gegen Frankreich. Im Fall einer weiteren Niederlage droht Deutschland gar der Abstieg in der Nations League sowie der Rückfall in Topf zwei für die reguläre EM-Qualifikation. An einen vorzeitigen Abschied wollte Löw in Amsterdam noch nicht denken. „Dass in der Öffentlichkeit debattiert wird, ist normal. Dafür habe ich Verständnis. Aber es ist nicht meine Aufgabe, mich darum zu kümmern“, meinte der DFBCoach. Weder DFB-Präsident Reinhard Grindel noch Teammanager Oliver Bierhoff wollten sich zu möglichen Konsequenzen öffentlich äußern.
Für Paris forderte Löw: „Wir Trainer müssen die richtigen Schlüsse ziehen für das Spiel gegen Frankreich. Wir müssen in Paris als Mannschaft – und auch jeder Einzelne – Charakter zeigen.“Auch PSG-Legionär Julian Draxler warnte vor der Rückkehr in seine Wahlheimat: „Frankreich ist noch stärker als Holland, das steht fest. Sie sind Weltmeister, spielen zu Hause und haben richtig Bock, gegen uns zu zocken.“(swi)