Selbstverständlich ist nur noch Übergroßes
Ein stürmisches Premierenwochenende liegt hinter uns: Drei schwierige Aufgaben in knapp 16 Stunden! Wenn alle OpernManager täten, wofür sie da sind . . .
Das vergangene Wochenende hatte es für Musikenthusiasten in sich. Schon die Tatsache, dass innerhalb von knapp dreißig Stunden drei Opernpremieren über die Bühnen von Theater an der Wien, Staats- und Volksoper gingen, ist bemerkenswert. Noch viel bemerkenswerter aber war, welche Stücke da gespielt wurden.
Die Neuinszenierung von Lortzings „Zar und Zimmermann“am Gürtel hätte man früher einmal zu den Selbstverständlichkeiten gezählt. Im frühen 21. Jahrhundert aber ist die Gattung der deutschen Spieloper von den Spielplänen verschwunden; und nicht nur sie, sondern auch ihre stilistischen Kinder und Enkelkinder haben nicht die ge- ringste Chance bei unseren Intendanten. Da ist eine Leerstelle entstanden, die so leicht nicht mehr zu füllen sein dürfte. Oder nur dann, wenn man von kulturpolitischer Seite die Direktoren der immerhin drei Wiener Opernhäuser dazu anhielte, sich ihrer angestammten Aufgaben zu besinnen.
Interessanterweise brachten die beiden anderen Premieren des Wochenendes gleich zwei Spitzenwerke eines Genres, das es hierzulande zumindest seit Mitte des vorigen Jahrhunderts nicht mehr leicht hatte, obwohl es für die Generationen vor während und nach Wagner essenziell wirkte: Die französische Grand opera.´ Während die Staatsoper nach vier Jahrzehnten sich erstmals wieder am leicht größenwahnsinnigen Ausbund dieser Gattung aus der Feder von Hector Berlioz versuchte, stellte man an der Wien, 20 Jahre nach dem Haus am Ring, wieder einmal das Urbild der Gattung zur Diskussion: Mit seinem „Guillaume Tell“zog sich Rossini, der am meisten umjubelte Opernmeister seiner Zeit, unter Hinterlassung einer grandiosen Vorlage, an der sich die Kollegen abarbeiten konnten, in die Küche zurück.
Berlioz hatte mit „Les Troyens“eine Partitur geschaffen, die zeigt, wie weit sich der Hang zur Gigantomanie ins Theatervisionäre steigern lässt. Dafür bekam der Komponist sein Gesamtwerk nie zu sehen; es gilt seither als eine der ultimativen Herausforderungen für den Musiktheaterbetrieb.
Spannend nur, dass es die aufwendige Grand opera´ heute leichter zu haben scheint als die scheinbar „leichtere“Komische Oper. Liegt es daran, dass wir die Früchte der „großen“Schwester – von „Don Carlos“bis zur „Götterdämmerung“nie aus den Augen verloren haben?