Rückkehr der Vollzeitjobs
Arbeitsmarkt. Nach der Krise wurden vor allem Teilzeitjobs geschaffen. Aber der Trend dreht sich, so die aktuelle AMS-Prognose: 2018 und 2019 entstehen wieder großteils Vollzeitjobs.
Nach der Krise wurden vor allem Teilzeitjobs geschaffen. Aber der Trend dreht sich, so die aktuelle AMSPrognose: 2018 und 2019 entstehen wieder großteils Vollzeitjobs.
Die Wirtschaftsforscher sind sich einig, dass der Aufschwung seinen Höhepunkt hinter sich hat. Aber der Boom wirkt noch nach: Die Auslastung der Unternehmen ist gut, die Auftragslage ebenso – und die Firmen stellen laufend neue Leute ein. Heuer und 2019 werden in Summe 126.700 neue Arbeitsplätze geschaffen. Und, wie es in der aktuellen Prognose des Arbeitsmarktservice (AMS) heißt: „In den meisten Fällen wird es sich bei den zusätzlichen Beschäftigungsverhältnissen um Vollzeitbeschäftigung handeln.“
Das ist bemerkenswert. Denn in den vergangenen Jahren war das genau umgekehrt. Die Unternehmen schufen nach der Krise zwar laufend Arbeitsplätze, aber überwiegend Teilzeitjobs. Vor allem in der Industrie und in der Baubranche fielen reihenweise Vollzeitarbeitsplätze weg. Gleichzeitig entstanden Teilzeitstellen im Tourismus und im Handel. Seit Jahresbeginn zeigt sich ein gegenläufiger Trend: Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten stagnierte im ersten Quartal und ging im zweiten sogar leicht zurück. Gleichzeitig gab es in beiden Quartalen einen kräftigen Zuwachs an Vollzeitbeschäftigten – um jeweils mehr als 60.000 Personen.
In der Hochkonjunktur brummen Branchen, für die Vollzeitarbeit typisch ist – wie Industrie und Bau. Allein in der Industrie werden heuer und nächstes Jahr 26.700 Arbeitsplätze entstehen, heißt es in der AMS-Prognose. Auf dem Bau werden es 14.500 sein.
Und: Im Wirtschaftsaufschwung gibt es generell mehr Arbeit zu verteilen. „Die Unternehmen versuchen das auf die billigstmögliche Art, indem sie Teilzeitkräfte ersuchen, ob sie nicht Vollzeit arbeiten wollen“, sagt AMSChef Johannes Kopf. Damit kommt in der Statistik nicht nur eine volle Stelle dazu, es fällt auch ein Teil- zeitjob weg. Der Boom bei Bau und Industrie erklärt auch, warum die Arbeitslosigkeit heuer und 2019 unter Männern stärker sinkt als bei Frauen (siehe Grafik).
Stimmung gegen Teilzeitarbeit
Generell gibt es in Österreich seit Jahrzehnten einen Trend zu Teilzeitarbeit. Aktuell arbeiten 1,09 Millionen unselbstständig Beschäftigte in Teilzeit, mehr als doppelt so viele wie vor 20 Jahren. Die Zahl der Frauen in Teilzeitjobs hat sich im selben Zeitraum mehr als verdoppelt, die der Männer sogar mehr als verdreifacht. Ob sich der Trend fortsetzt, hängt laut Kopf nicht nur von der Konjunktur ab. Sondern auch von der angebotenen Kinderbetreuung. „Je mehr Betreuungsplätze es gibt, desto mehr Frauen arbeiten Vollzeit.“
Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) geht in seinem Beschäftigungsausblick zumindest noch bis 2023 von einer steigenden Teilzeitquote aus. Und das, obwohl Experten und Politiker allseits Stimmung gegen Teilzeitarbeit machen. Sie warnen davor, dass sie schlecht bezahlt sei, Karrierechancen vereitle und zu Altersarmut führe. Viele der Teilzeitbeschäftigten würden auch gerne mehr arbeiten, wie Umfragen immer wieder zeigen. In wirtschaftlich schwachen Zeiten kommen die Unternehmen diesem Wunsch aber oft nicht nach. Jetzt im Aufschwung würden sie dieses Angebot eher bekommen, sagt Wifo- Arbeitsmarktexperte Helmut Mahringer. 2019 wird sich die Konjunktur laut Prognose der Wirtschaftsforscher deutlich abschwächen. „Dann könnte auch der Effekt, dass hauptsächlich Vollzeitjobs entstehen, wieder zum Erliegen kommen“, sagt Mahringer.
Die Arbeit wird wieder mehr
Interessant ist auch ein Blick auf die tatsächlich gearbeiteten Stunden. Im Vorjahr wurden in Österreich 6,93 Milliarden Arbeitsstunden (inklusive Überstunden und Zweitjobs) geleistet. Nach 2011 war das Arbeitsvolumen vier Jahre lang gesunken, obwohl die Beschäftigung gestiegen ist. Mit anderen Worten: Es entstanden zwar laufend neue Jobs, es wurde aber immer weniger gearbeitet. Seit einigen Jahren legen die Arbeitsstunden wieder zu. Die Prognose von AMS-Chef Kopf: „2018 werden wir erstmals wieder so viel gearbeitet haben, dass wir die Krise in Arbeitsstunden überwunden haben.“