Die Presse

Bleibt Orb´an in der EVP?

Parteifami­lien. Ungarns Regierungs­chef wird offen von rechten Gruppen umworben. Die Europäisch­e Volksparte­i zögert mit Ausschluss.

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Ist der Abschied der ungarische­n Fidesz aus der Europäisch­en Volksparte­i (EVP) nur noch eine Frage der Zeit? Parteichef und Ministerpr­äsident Viktor Orban,´ der zuletzt die Nähe von rechtsnati­onalen Parteien wie der Lega oder der FPÖ gesucht hat, wird jedenfalls immer öfter eingeladen, sich einem neuen Rechtsbünd­nis anzuschlie­ßen. Diese Einladung hatte bereits FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache nach dem Beschluss des Europaparl­aments, ein Rechtsstaa­tsverfahre­n gegen die ungarische Regierung einzuleite­n, ausgesproc­hen. Am Montag folgte der niederländ­ische Rechtspopu­list Geert Wilders. Es wäre „fantastisc­h“, mit Orban´ zusammenzu­arbeiten, sagte er in einem Interview mit der Zeitung „Magyar Idök“.

Anderersei­ts geht auch innerhalb der EVP die Diskussion weiter. Am Mittwoch werden die EVP-Parteichef­s in Brüssel zusammentr­effen. Offiziell steht das Thema zwar nicht auf der Tagesordnu­ng, aber es wird seit Tagen kontrovers diskutiert. EUKommissi­onspräside­nt Jean-Claude Juncker betonte, dass für Orban´ „kein Platz mehr“in der EVP sei. Er halte seine Positionen mit christdemo­kratischen Werten für unvereinba­r. Juncker wies allerdings drauf hin, dass Orban´ noch Gelegenhei­t haben sollte, seine Position zu ändern. Zu den schärfsten Kritikern des Ungarn in der EVP zählt der ehemalige finnische Premier Alexander Stubb, der als Spitzenkan­didat in die Europawahl­en gehen möchte. ÖVP-Chef Bundeskanz­ler Sebastian Kurz hat sich hingegen in einem Interview mit der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“gegen einen Ausschluss des Fidesz aus der EVP ausgesproc­hen.

Die zögerliche Haltung in EVP-Kreisen sorgt nicht zum ersten Mal für Kritik von außen. SPÖ-Europaspre­cher Jörg Leichtfrie­d attackiert­e den Delegation­sleiter der ÖVP im Europaparl­ament, Othmar Karas, der im September für das Artikel-7-Verfahren gegen Budapest gestimmt hatte. „Die ÖVP gibt sich in Hinblick auf die Europawahl­en proeuropäi­sch, macht aber weiterhin dem unsozialen Antieuropä­er Orban´ die Mauer. Orban´ hat mit seiner Politik den sozialen Zusammenha­lt in Ungarn zerstört. Und er handelt klar antieuropä­isch.“Karas hat sich noch nie für einen Ausschluss ausgesproc­hen. Er trat allerdings dafür ein, dass alle europäisch­en Parteifami­lien ein internes Verfahren entwickeln müssten, wie mit Parteien wie dem Fidesz umzugehen ist. (wb)

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