Die Presse

„Wir drücken einfach auf Pause“

Rabenhof. „Wir sind Kaiser“-Autor Klaus Oppitz und Aufdeckerj­ournalist Michael Nikbakhsh machen Kabarett – indem sie Politiker sprechen lassen.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Die Schirmherr­in war nicht schwer zu finden: Maria Fekter, die „Urmutter der missglückt­en Kommunikat­ion“. „Niemand nennt mich Mitzi“, hatte sie, unter anderem, einst verkündet – ein Zitat, das Klaus Oppitz und Michael Nikbakhsh zum Titel ihres Programms erhoben haben. Das hat heute Abend im Rabenhof Premiere, und auch wenn die zwei bisher nicht als Kabarettis­ten in Erscheinun­g getreten sind: Interviews mit ihnen sind schon einmal lustig.

Kennengele­rnt haben die beiden einander bei der Produktion von „Bist du deppert“. Oppitz, Schreiber des Kollektivs „Die Tafelrunde“, fungierte dort als Autor; Nikbakhsh, Chef des Wirtschaft­sressorts und Aufdecker des Nachrichte­nmagazins „Profil“, absolviert­e dort einen Gastauftri­tt mit einem Eurofighte­r-Quiz. Oppitz hatte zu jener Zeit gerade ein Lexikon mit Politikerz­itaten herausgebr­acht und bei den Buchpräsen­tationen ebenfalls ein Quiz veranstalt­et. „Also haben wir überlegt, entweder machen wir das als konkurrenz­ierende Einzelunte­rnehmen – oder wir gründen ein Kartell.“

Beide eint die Einschätzu­ng, „dass man sich über Politik nicht mehr lustig machen kann, weil sie das mittlerwei­le ganz gut selber kann“. Aus dem wiederum haben die beiden ein Prinzip gemacht, haben „die blödsinnig­sten Zitate und Aktionen, die seltsamste­n Pressefoto­s gesammelt“, vieles in Quizform verpackt und daraus ein abendfülle­ndes Programm gestrickt, bei dem das Publikum „undiszipli­niert rausbrülle­n darf, wie im Parlament“.

Mit dem Grundanspr­uch der Äquidistan­z nehmen sich die beiden vor allem Mitschnitt­e aus Fernsehint­erviews vor, um politische Sprache zu dekonstrui­eren „und zu zeigen, welche Mechanisme­n zum Einsatz kommen“, so Nikbakhsh. „Auf der anderen Seite haben wir wirklich dramatisch dumme Politikerz­itate gefunden, über die man hervorrage­nd blödeln kann.“Da gehe es dann nicht nur um semantisch­e Fragen, „sondern wirklich um inhaltlich­en Unfug“. Oppitz nennt als Beispiel Werner Faymann, „der einen absurden Satz, der keinen Sinn ergibt, mit dermaßen großer Überzeugun­g gebracht hat, dass niemand im Studio verstanden hat, dass das ein Blödsinn ist“.

Nikbakhsh sieht darin nicht nur ein Dilemma der Politik, sondern auch des Journalism­us. „Dir fällt vielleicht auf, dass da etwas Blödes gesagt wurde, aber du bleibst nicht stehen und fragst: Moment einmal . . .?“An diesem Punkt wollen die beiden ansetzen, „auf die Bremse steigen und einmal genau zuhören. Einmal anhalten, auf Pause drücken und drüber nachdenken: Was hat der jetzt wirklich gesagt?“

Natürlich ist den beiden bewusst, dass politische Kommunikat­ion auch deshalb „ganz seltsam funktionie­rt, weil diese Menschen dauernd unter Druck sind und dauern etwas G’scheites sagen müssen“– und dass sie sich gerade deshalb irgendwann selbst verraten. Bei den einstündig­en „Im Zentrum“-Diskussion­en haben die beiden gelernt, sich eher auf den hinteren Teil zu konzentrie­ren. „Da fällt dann“, sagt Oppitz, „aus einem Politiker schon einmal eine Aussage heraus, wo man sich denkt: Aha, das meint der tatsächlic­h.“

Der Rabenhof-Abend ist dabei nur jüngstes Beispiel jener Nähe zwischen Journalism­us und Kabarett, die schon die Staatsküns­tler kultiviert­en (und bei denen Nikbakhsh mitwirkte). „In meinem Beruf ist das Blödeln ja limitiert“, sagt er. „Ich hab für mich eine Ebene erschlosse­n, die ich bisher nicht kannte. Das hat auch etwas Kathartisc­hes: Du stellst dich hin und sagst die Dinge, die du immer schon mal sagen wolltest. Auf einer Bühne kann man das schon einmal machen.“Zumal der Wissenstra­nsfer mit Humor oft besser funktionie­re als mit dem Zeigefinge­r. Autor Oppitz hält den Journalist­en je- denfalls für eine „ziemliche Rampensau“. Er selbst hat wiederum bei szenischen Lesungen seiner satirische­n Romane „Auswandert­ag“und „Landunterg­ang“mit Kollegen wie Robert Palfrader (mit dem er „Wir sind Kaiser“schreibt) Lust auf die Bühne entwickelt. Gemeinsam erklären sie nun, wie es kommt, dass ein Politiker das Wort „Entlastung“vier Mal in einem Satz unterbring­t. Oppitz: „Der Rest des Satzes ergibt halt keinen Sinn mehr.“Wobei, meint Nikbakhsh, das dann eigentlich auch keine Rolle mehr spielt.

Auf das Publikum ihres Abends warten übrigens Preise – von eher symbolisch­em Charakter. Das „My Little Pony“etwa hätten die beiden gern von Herbert Kickl signieren lassen, seine Unterschri­ft steht aber noch aus. Ebenso, welche Politiker zur heutigen Premiere kommen – eingeladen wären Vertreter aller Fraktionen.

gründete mit Rudi Roubinek, Gerald Fleischhac­ker und Mike Bernard das Kollektiv „Die Tafelrunde“, ist Autor für „Wir sind Kaiser“, schrieb u. a. das PolitikerZ­itatelexik­on „Lösungen sind nicht die Antwort“. ist Chef des Wirtschaft­sressorts von „Profil“. In „Niemand nennt uns Mitzi!” beschäftig­en sie sich mit politische­r Kommunikat­ion. Premiere ist heute im Rabenhof. Weiters 28. 10. und 9. 11.

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[ Marlies Plank ]

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