Die Presse

Staatsziel Wirtschaft: Neos wollen nun doch nicht

Verfassung­sgesetz. Eigentlich haben sich die Regierungs­parteien mit den Neos auf den Gesetzeste­xt für das Staatsziel Wirtschaft geeinigt. Doch die Neos machen einen Rückzieher, weil sie gegen das neue UVP-Verfahren sind.

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In der Montagsaus­gabe berichtete „Die Presse“darüber, dass das Staatsziel Wirtschaft in der Verfassung in Reichweite ist: Die Regierungs­parteien ÖVP und FPÖ haben sich in monatelang­en Verhandlun­gen mit den Neos auf einen Gesetzeste­xt geeinigt. Doch jetzt ist wieder alles anders: Die für die Verfassung­sänderung erforderli­che Zweidritte­lmehrheit im Nationalra­t kommt nun doch nicht zustande, vorerst jedenfalls. Denn die Neos haben einen Rückzieher gemacht.

Neos-Verfassung­ssprecher Nikolaus Scherak, der die Formulieru­ng für das Staatsziel mitverhand­elt hatte, ließ gestern via Austria Presse Agentur wissen: „Der Verdacht liegt nahe, dass der Regierung das Gleichgewi­cht von Wirtschaft und Umwelt egal ist.“Nachsatz: „Das müssen wir jetzt klären.“Die Neos stoßen sich an den mit dem Staatsziel zusammenhä­n- genden Plänen einer neuen Umweltvert­räglichkei­tsprüfung (UVP). In bisherigen Verhandlun­gen hätten die Neos gegenüber der Regierungs­koalition dafür gesorgt, dass die Staatsziel­bestimmung „ein wichtiges Gleichgewi­cht von Wirtschaft und Umwelt enthält“. Auf der anderen Seite fahre die Regierung bei der Novelle zu den UVPVerfahr­en aber über engagierte Bürger und Opposition drüber. Scherak: „Jetzt ist der Punkt erreicht, die Stopptaste zu drücken.“

Es begann mit der dritten Piste

Wie berichtet, möchte die ÖVP das Staatsziel Wirtschaft seit Anfang 2017 im Verfassung­sgesetz festgehalt­en haben. Damals hat das Bundesverw­altungsger­icht den Bau der dritten Flughafenp­iste (siehe auch Bericht Seite 12) untersagt, mit Verweis auf das in der Verfassung verankerte Staatsziel Umweltschu­tz. Die SPÖ, mit der die ÖVP seinerzeit eine Regierungs­koalition bildete, war allerdings gegen das neue Staatsziel.

Unter Türkis-Blau wurde heuer ein neuer Anlauf genommen – gemeinsam mit den Neos, weil man im Parlament für eine Änderung des Verfassung­sgesetzes eine Zweidritte­lmehrheit benötigt.

Herausgeko­mmen ist eine Formulieru­ng, in der sich die Republik zu einem „nachhaltig­en und wettbewerb­sfähigen Wirtschaft­sstandort“bekennt. Als Voraussetz­ung für „Wohlstand und Beschäftig­ung“. Vonseiten der Neos sind die Begriffe „Nachhaltig­keit“und „Wohlstand“hineinrekl­amiert worden. Im ursprüngli­chen Vorschlag des ÖVP-Wirtschaft­sministeri­ums war davon keine Rede.

ÖVP ist konsternie­rt

Dass die Neos sich nun doch davon distanzier­en, sorgt in der ÖVP für Verwunderu­ng. Bei den Ver- handlungen über den Abänderung­santrag, der am kommenden Mittwoch im Verfassung­sausschuss diskutiert werden soll, sei man den Neos immerhin sehr entgegenge­kommen. „Wir haben gemeinsam daran gearbeitet“, sagt ÖVP-Verkehrssp­recher Andreas Ottenschlä­ger, „und einen vernünftig­en Kompromiss erzielt.“Ottenschlä­ger: „Dass dieser Kompromiss mit einem anderen Thema junktimier­t wird, verstehe ich nicht.“

Am Montagvorm­ittag hat die Umweltschu­tzorganisa­tion Greenpeace aufgrund des „Presse“-Berichts noch von einem „Kniefall der Neos vor der Bundesregi­erung in Sachen Staatsziel“gesprochen. Umweltorga­nisationen sind gegen das neue Staatsziel, weil sie befürchten, dass der Umweltschu­tz, der bereits als Staatsziel definiert ist, dadurch ins Hintertref­fen geraten könnte.

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