In diesem „Figaro“knistert es
Staatsoper. Ein neu besetzter „Figaro“, mit erotisch elektrisierendem gräflichen Paar und einem Triumph der ganz Jungen.
Es hätte ein großer Abend werden können, käme es bloß auf die elektrisierende Spannung zwischen Graf und Gräfin an. Es knistert zwischen Erwin Schrotts überraschend diszipliniertem Macho-Conte und der Contessa der charmanten Südafrikanerin Golda Schultz. Die späte Wien-Debütantin hat, scheint’s, die Susanna-Zwischenstufe in ihrer Karriere ausgelassen. Die kostbare Stimme und ihr erfüllter Vortrag geben ihr recht.
Auch Youngster Cherubino ist neu: Die blutjunge Bulgarin Svetlina Stoyanova, soeben Ensemblemitglied geworden, macht beste Figur, singt couragiert und spielt frech mit beiden Geschlechtern. Das geniale Quipro-quo-Spielchen eines Beaumarchais funktioniert aber nur, wenn das Paar des zweiten Standes den Ton angeben könnte. Der junge Italiener Riccardo Fassi vertraut zwar als Figaro auf einen belastbaren Bariton, bleibt aber als Figur etwas unscharf: Aufmüpfigkeit und Intriganz scheinen nicht seine Sache. Die Susanna von Chen Reiss leistete ihm aber auch nur wenig Schützenhilfe. Eigentlich sollte sie mit Raffinement und Augenzwinkern den tollen Tag im Griff haben. Stattdessen schwimmt sie zunächst mit ausgedünnter Stimme (oder nur derzeit außer Form?) einigermaßen mit, ehe ihr mit der „Rosenarie“die Rehabilitierung gelingt.
Neben bewährtem Personal reklamieren die ganz Jungen berechtigt Aufmerksamkeit: Leonardo Navarro ist ein mit allen Wassern gewaschener Don Basilio, mit Mariam Battistelli (Barbarina) und Peter Kellner (Antonio) kündigt sich ein treffliches neues Paar Susanna/Figaro an. Dirigent Sascha Götzel kommt aus der Mitte der Philharmoniker, er dirigierte mit viel Wissen und Mitgefühl. Wenn er noch motivierender wirkte, Formenstrenge und Struktur intensivierte, sollte auch er angekommen sein.