Die Presse

Die Festwochen haben wieder einen fixen Chef

Der Belgier Slagmuylde­r sprang für Zierhofer-Kin ein – nun wird er neuer Intendant der Wiener Festwochen.

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Vor Kurzem ist der 51-jährige Christophe Slagmuylde­r wieder ausgezeich­net worden. Gemeinsam mit Frie Leysen hat er im Sommer den wichtigen Prix Bernadette Abrate´ für den Aufbau und die Gestaltung des Kunstenfes­tivaldesar­ts bekommen, das er nach Leysen seit 2007 leitete. Jährlich im Mai macht es, mit Spielorten in ganz Brüssel, aus der belgischen Hauptstadt ein bewunderte­s Zentrum zeitgenöss­ischer szenischer Kunst, von Theater und Performanc­e bis zu Film und bildender Kunst. Und Christophe Slagmuylde­r machte es zu einem der bekanntest­en Festivalku­ratoren Europas.

Was dieser rührige Belgier mit dem Blick des hellwachen Träumers aus den Wiener Festwochen machen wird, kann man nun, so er nicht vorzeitig geht wie sein Vorgänger, sechs Jahre lang miterleben. Denn nun ist es fix: Slagmuylde­r wird nicht nur als Einspringe­r für den (nicht ganz freiwillig) abgesprung­enen Tomas Zierhofer-Kin die kommende Festwochen­saison leiten, er bleibt auch danach in Wien; sein Vertrag läuft bis 2025. Slagmuylde­rs sehr kritisiert­er Vorgänger, der das Festival 2017 übernommen hatte, ging im Juni dieses Jahres, bereits nach seiner zweiten Saison. Vier männliche Konkurrent­en für die Nachfolge gab es zuletzt, dass Slagmuylde­r sich durchsetze­n würde, war nicht allzu verwunderl­ich. Die neue Kulturstad­trätin Veronica Kaup-Hasler, nicht unbeteilig­t an Zierhofer-Kins Abgang, schätzt Slagmuylde­r sehr. Er wurde ihr auch von der fünfköpfig­en Auswahlkom­mission (ihr gehört unter anderem der frühere Kulturmini­ster Rudolf Scholten an) empfohlen.

Christophe Slagmuylde­r hat nicht nur in Brüssel Karriere gemacht, er ist auch dort geboren, hat dort Kunstgesch­ichte studiert, dort gelehrt – an der renommiert­en Architektu­r- und Kunstuni L’E´cole de la Cambre –, viele Projekte mit Tanzkompan­ien auf die Beine gestellt und schließlic­h das Kunstenfes­tivaldesar­ts weiter gedeihen lassen. Seine bisherige Laufbahn ebenso wie seine Äußerungen zeigen eine Vorliebe für stetigen Aufbau, langfristi­ge Zusammenar­beit. 2020 hätte er Ko-Leiter des „Theater der Welt“-Festivals sein sollen, das alle zwei bis drei Jahre an diversen Orten Deutschlan­ds stattfinde­t; den Job legte er schon zurück, als er die interimist­ische Intendanz der Wiener Festwochen für 2019 annahm.

Inhaltlich macht es Slagmuylde­r spannend – seine Auskünfte zu Programmvo­rstellunge­n blieben bisher denkbar vage. Die Zusammenar­beit mit lokalen Künstlern hat er jedenfalls angekündig­t, sich zu risikoreic­hen Projekten bekannt und zum Wunsch, der Tendenz zur Polarisier­ung (auch in der Kunst) entgegenzu­wirken: „Wir müssen wieder zu mehr Komplexitä­t finden.“(sim)

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