Verkehrslösungen für eine wachsende Stadt
Wien wächst und damit muss auch die Infrastruktur für den Verkehr wachsen. Die Lücke in der Außenring-Schnellstraße sollte rasch geschlossen, der öffentliche Verkehr weiter ausgebaut werden.
Wien ist eine stark wachsende Stadt, daher müssen auch die Verkehrswege in und um Wien ausgebaut und optimiert werden“, fordert Davor Sertic, Obmann der Sparte Transport und Verkehr der Wirtschaftskammer Wien. Denn gute Erreichbarkeit und flüssiger Verkehr seien nicht nur für das Lebensgefühl in der Stadt wichtig, sondern auch für das Funktionieren der Wirtschaft. „Wir müssen dafür sorgen, dass neue Betriebsgebiete erschlossen werden, damit in unserer stark wachsenden Stadt auch neue Arbeitsplätze entstehen können“, sagt Sertic.
Vordringliche Projekte seien der Lückenschluss der Wiener Außenring-Schnellstraße S1 inklusive des Lobautunnels und die Anbindung der Seestadt Aspern. „Der Erfolg der Betriebsgebiete und Stadtentwicklungsprojekte im 21. und 22. Bezirk hängt direkt mit Bau der sechsten Donauquerung mit dem Lobautunnel zusammen“, erläutert Sertic. Gleichzeitig müsse auch der öffentliche Verkehr ausgebaut werden, das Schnellbahnnetz ebenso wie das Bus- und U-Bahnnetz, um die Straßen zu entlasten. „Je mehr Menschen öffentliche Verkehrsmittel nutzen, weil sie damit schnell an ihr Ziel kommen, umso mehr wird der Straßenverkehr entlastet und der Wirtschaftsverkehr kann fließen.“
Optimierung für den Norden
Die Optimierung der Verkehrsinfrastruktur ist gerade für die Bereiche nördlich der Donau notwendig. Für Floridsdorf prognostiziert das Institut für Raumplanung (ÖIR) bis 2030 ein Bevölkerungswachstum von 29.000 Einwohnern, in der Donaustadt wird ein Wachstum um 82.900 Einwohner erwartet. Die Zahl der dafür benötigten neuen Jobs liege bei 8400 bzw. 32.000. Eine besondere Rolle spielt das Stadterweiterungsgebiet Seestadt Aspern. Dort leben derzeit rund 6000 Menschen, 2028 sollen es bereits 20.000 sein und weitere 20.000 werden dort arbeiten. „Sollen keine neuen Verkehrsprobleme entstehen, wird sich dieses Wachstum nur mit dem Ausbau der S1 und der raschen Anbindung der Seestadt machen lassen”, meint Sertic.
Aber nicht nur nördlich der Donau wächst die Bevölkerung, sondern überall im Großraum Wien. Maßnahmen seien deshalb in der gesamten Ostregion notwendig, argumentiert Sertic. Um den wachsenden Verkehr bei weniger Stau bewältigen zu können, müssen die richtigen Weichen gestellt werden. Ein durchgängiger 15-Minutentakt bei den Schnellbahnverbindungen in Wien, 15 neue S-Bahnhöfe und neue S-Bahnstrecken im Süden Wiens nach Oberlaa und im Norden beim Gewerbepark Stadlau lautet das von der Wirtschaftskammer Wien präsentierte Ziel für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs in der Ostregion. Zusätzlich muss es von den S-Bahnhöfen regelmäßige Busverbindungen – in den Stoßzeiten ebenfalls im 15-Minutentakt – zu allen Wiener Gewerbegebieten geben, damit die dort ansässigen Betriebe für Mitarbeiter und Kunden gut mit Öffis erreichbar sind.
Belastungen in der Bauphase
Wobei die Optimierung der Infrastruktur in der Bauphase auch Belastungen für die unmittelbar betroffenen Betriebe bringt. Derzeit gilt das für den Bau der U5 und den Ausbau der U2. Rund 700 Betriebe müssen bis 2026 mit einer Beeinträchtigung ihrer Geschäftstätigkeit und Umsatzeinbußen rechnen. Die WK Wien hat daher bei der Stadt Wien auf ein großes Förderpaket gedrängt. Das Resultat: Für den Zeitraum bis 2021 werden die Unternehmen mit einem Hilfs- paket von 3,8 Millionen Euro unterstützt. Betriebe können bereits ab 1. November um Unterstützung ansuchen. Gefördert werden vor allem Miet- und Betriebskosten, aber auch die vorübergehende Übersiedlung in ein anderes Geschäftslokal, wenn dies unver- meidlich ist. Baustellenmarketing wird ebenfalls eine wichtige Säule der Unterstützungsleistung sein.
Eine weitere Forderung der WK Wien im Bereich Verkehrsinfrastruktur betrifft die Errichtung eines zentralen Fernbusterminals. Reisen mit Bus werden immer beliebter: Im Jahr 2015 wurden in Wien 1,8 Millionen Fernbusreisende gezählt, 2017 waren es bereits 2,5 Millionen. Das neue Busterminal sollte den Fahrgästen zeitgemäßen Komfort und den dort tätigen Unternehmen ausreichend Platz und Infrastruktur bieten. Dazu zählen gedeckte und beheizte Warteräume ebenso wie WLAN, Schließfächer, Ticketautomaten oder Shops und Gastronomie. Weiters wären für die WK Wien eine gute Anbindung an das Straßennetz sowie an den öffentlichen Verkehr wichtige Kriterien für einen optimalen Standort.
Überregionale Konzepte
Und nicht nur regional sind Maßnahmen notwendig, um die Infrastruktur zukunftsfit zu machen: Die WK Wien fordert seit Langem eine Anbindung des Wiener Raums an das in Osteuropa und Asien genutzte Breitspurbahnnetz. „Mit der Umsetzung der ,One Belt, One Road‘-Initiative Chinas ist das Projekt um vieles dringender geworden“, sagt Sertic. Denn der Handel Europas mit China wächst beständig – seit 2006 hat er sich von 64 auf 170 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Von China kommen inzwischen Waren im Wert von 345 Milliarden Euro nach Europa, 2006 waren es noch 196 Milliarden Euro. Damit müsse auch die Logistikleistung ausgebaut werden, die zugleich eine Chance für einen neuen Bahnterminal zur weiteren Verteilung der Waren in Europa und 3500 neue Jobs in Österreich sei. „China arbeitet intensiv an der Umsetzung der ,One Belt, One Road’-Initiative. Österreich sollte da nicht abseits stehen, sondern rasch in das Projekt einsteigen“, so Sertic.