Debussy und Ravel, zu laut und zu eintönig
Marianne Crebassa brachte im Wiener Konzerthaus französische und spanische Lieder.
Hatte man sich zu viel erwartet? Hatte sie die akustischen Möglichkeiten des Mozartsaals unterschätzt? Las sich ihr Programm auf dem Papier interessanter, als es sich dann realisieren ließ? Die französische Mezzosopranistin Marianne Crebassa weiß offenbar auf der Opernbühne mehr zu überzeugen denn als Liedsängerin. Diesen Eindruck hinterließ jedenfalls ihr Recital im Wiener Konzerthaus.
Schon das „Chanson de la mariee“,´ das Eingangslied aus Maurice Ravels um 1905 entstandenen, von griechischem Melos beeinflussten „Cinq melodies´ populaires grecques“, schmetterte sie mit einer Lautstärke in den Saal, als gelte es, mit einer großen Arie zu brillieren, um so das Publikum gleich von Beginn weg für sich gewinnen. Gewiss, auch ausgelassene Freude findet sich in diesem Zyklus. Aber dass darin viel Elegisches eingebettet ist, das blieb in Crebassas Darstellung nur angedeutete Nebensache.
Von der Faszination des Meeres, tiefer Melancholie und unbekümmerter Natur künden die von Debussy nach Texten von Paul Verlaine komponierten „Trois melo-´ dies“. Raffinierte Stimmungsbilder, denen man sich viel differenzierter stellen muss, als es Crebassa tat. Bei ihrer auch dynamisch recht eintönigen Darstellung blieb viel vom Charme der Lieder auf der Strecke. Mehr Zugang fand sie zu Debussys um Geheimnisse der Erotik kreisenden, auch aus den 1890er-Jahren stammenden „Chansons de Bilitis“, selbst wenn sie dabei so manche Höhe zu schrill ansteuerte. Ganz konnte sie das mit ihrer eindrucksvollen Mittellage und ihrer beredten Tiefe nicht vergessen machen.
Ob ihr Musik von Francis Poulenc besser liegt? Bei seinen „Banalites“´ (1940) wirkte sie – wie bei den Stücken davor von Alphonse Cemin´ am Klavier sorgfältig begleitet – lockerer als bei allen anderen Stücken des Abends. Er brachte noch eine Auswahl von Federico Mompous’ „Combat del somni“und Jesu´s Guridis „Seis canciones cestallanas“. Nicht gerade Werke, die sich mit dem Niveau der Lieder von Ravel und Debussy messen können. Diese französischen Komponisten konnten Liedtexte eben eindringlicher, pointierter, atmosphärischer vertonen als ihre spanischen Kollegen. Wenigstens das lehrte dieses zweite Konzert im Zyklus „Lied“der Konzerthausgesellschaft.