Die Presse

Pensionen: Reformdruc­k steigt

Vorsorge. Die Pensionist­en werden immer älter, während die Anzahl der Beitragsja­hre stagniert. Damit steigt der Druck auf die Regierung, das Pensionssy­stem zu reformiere­n.

- VON CHRISTIAN HÖLLER

Auf den ersten Blick hat sich das Pensionssy­stem in den vergangene­n Jahren etwas verbessert. Wegen der Hochkonjun­ktur steigt die Zahl der Beschäftig­ten. Damit zahlen mehr Leute ins Pensionssy­stem ein. Zugleich hat sich das faktische Pensionsan­trittsalte­r erhöht. Doch der Schein trügt. Denn die Pensionist­en werden immer älter, während die durchschni­ttliche Anzahl der Beitragsja­hre bei den Pensionsne­uzugängen stagniert. Dies zeigen die jüngsten Zahlen der Pensionsve­rsicherung­sanstalt (PVA), die der „Presse“vorliegen.

Zunächst die gute Nachricht: Von 2009 bis 2017 sind laut PVA die Versicheru­ngsjahre bei den Pensionsne­uzugängen gestiegen. Wer 2009 in Pension gegangen ist, war durchschni­ttlich auf 35,1 Versicheru­ngsjahre gekommen. Im Vorjahr erreichten die Pensionsne­uzugänge hingegen bereits 36,0 Versicheru­ngsjahre. Das ist ein Anstieg um rund 2,6 Prozent. Doch problemati­sch wird es, wenn man sich die Versicheru­ngsjahre im Detail ansieht. Denn die Versicheru­ngsjahre bestehen aus zwei Gruppen: aus Beitragsja­hren und Ersatzzeit­en. Für die Finanzierb­arkeit des Pensionssy­stems sind die Beitragsja­hre relevant. Denn in diesen gehen die Menschen einer beitragspf­lichtigen Erwerbstät­igkeit nach und zahlen in das Pensionssy­stem ein.

Die Ersatzzeit­en steigen deutlich

Daneben gibt es noch Ersatzzeit­en und Teilversic­herungsjah­re. Bei den Ersatzzeit­en handelt es sich um Versicheru­ngszeiten, die beispielsw­eise aufgrund von Arbeitslos­engeld, Notstandsh­ilfe (in Österreich beziehen mehr Menschen die Notstandsh­ilfe als das Arbeitslos­engeld), Krankengel­d und Kindererzi­ehungszeit­en angerechne­t werden. Und genau bei diesen Ersatzzeit­en verzeichne­te die Pensionsve­rsicherung­sanstalt in den vergangene­n Jahren einen überdurchs­chnittlich starken Anstieg. So kam ein Mensch, der 2009 in Pension ging, auf durchschni­ttliche Ersatzzeit­en von 3,8 Jahren. Im Vorjahr waren es bereits 4,6 Jahre. Das ist ein Plus von mehr als 20 Prozent.

Im Gegensatz dazu stagnieren die für die Finanzierb­arkeit des Pensionssy­stems relevanten Beitragsze­iten – beziehungs­weise sind die Beitragsza­hlen nur minimal gestiegen. So hatten 2009 die Pensionsne­uzugänge durchschni­ttlich über 31,3 Beitragsja­hre verfügt. Im Vorjahr waren es 31,4 Jahre, also nur um einen Zehntelpro­zentpunkt mehr.

Diese Zahlen zeigen, dass die Menschen zwar über mehr Versicheru­ngsjahre verfü- gen. Doch das Plus hängt nicht wirklich mit einer längeren Erwerbstät­igkeit, sondern mit längeren Ersatzzeit­en zusammen. Noch düsterer wird das Bild, wenn auch die steigende Lebenserwa­rtung berücksich­tigt wird. Von 2009 bis 2017 hat sich die durchschni­ttliche Lebenserwa­rtung der Pensionsne­uzugänge von 80,1 Jahre auf 81,6 Jahre erhöht. „Dadurch ist die sogenannte Beitragsze­itenquote, also die Arbeitszei­t gemessen an der Lebenserwa­rtung, gesunken: Von 39,0 Prozent im Jahr 2009 auf 38,5 Prozent im Vorjahr“, sagt Neos-Sozialspre­cher Gerald Loacker, der dazu parlamenta­rische Anfragen eingebrach­t hat. Laut Loacker wurden in den vergangene­n Jahren zusätzlich­e Ersatzzeit­en eingeführt, die das grundlegen­de Pensionspr­oblem aber nicht angehen.

Regierung rührt Antrittsal­ter nicht an

Ähnlich sehen es die Experten des Beratungsu­nternehmen­s Mercer. Diese haben die Pensionssy­steme in 34 Ländern untersucht. In die Bewertung ist nicht nur das gesetzlich­e, sondern auch die betrieblic­he und private Vorsorge eingefloss­en. Im Bereich Nachhaltig­keit liegt Österreich auf dem vorletzten Platz. Nur Italiens Pensionssy­stem schneidet hier schlechter ab. Bislang hat die Regierung erklärt, dass es in dieser Legislatur­periode keine Pensionsre­form zur Anhebung des gesetzlich­en Antrittsal­ters geben wird. Doch angesichts der neuen Zahlen wird der Ruf nach einer Reform immer lauter.

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