Pensionen: Reformdruck steigt
Vorsorge. Die Pensionisten werden immer älter, während die Anzahl der Beitragsjahre stagniert. Damit steigt der Druck auf die Regierung, das Pensionssystem zu reformieren.
Auf den ersten Blick hat sich das Pensionssystem in den vergangenen Jahren etwas verbessert. Wegen der Hochkonjunktur steigt die Zahl der Beschäftigten. Damit zahlen mehr Leute ins Pensionssystem ein. Zugleich hat sich das faktische Pensionsantrittsalter erhöht. Doch der Schein trügt. Denn die Pensionisten werden immer älter, während die durchschnittliche Anzahl der Beitragsjahre bei den Pensionsneuzugängen stagniert. Dies zeigen die jüngsten Zahlen der Pensionsversicherungsanstalt (PVA), die der „Presse“vorliegen.
Zunächst die gute Nachricht: Von 2009 bis 2017 sind laut PVA die Versicherungsjahre bei den Pensionsneuzugängen gestiegen. Wer 2009 in Pension gegangen ist, war durchschnittlich auf 35,1 Versicherungsjahre gekommen. Im Vorjahr erreichten die Pensionsneuzugänge hingegen bereits 36,0 Versicherungsjahre. Das ist ein Anstieg um rund 2,6 Prozent. Doch problematisch wird es, wenn man sich die Versicherungsjahre im Detail ansieht. Denn die Versicherungsjahre bestehen aus zwei Gruppen: aus Beitragsjahren und Ersatzzeiten. Für die Finanzierbarkeit des Pensionssystems sind die Beitragsjahre relevant. Denn in diesen gehen die Menschen einer beitragspflichtigen Erwerbstätigkeit nach und zahlen in das Pensionssystem ein.
Die Ersatzzeiten steigen deutlich
Daneben gibt es noch Ersatzzeiten und Teilversicherungsjahre. Bei den Ersatzzeiten handelt es sich um Versicherungszeiten, die beispielsweise aufgrund von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe (in Österreich beziehen mehr Menschen die Notstandshilfe als das Arbeitslosengeld), Krankengeld und Kindererziehungszeiten angerechnet werden. Und genau bei diesen Ersatzzeiten verzeichnete die Pensionsversicherungsanstalt in den vergangenen Jahren einen überdurchschnittlich starken Anstieg. So kam ein Mensch, der 2009 in Pension ging, auf durchschnittliche Ersatzzeiten von 3,8 Jahren. Im Vorjahr waren es bereits 4,6 Jahre. Das ist ein Plus von mehr als 20 Prozent.
Im Gegensatz dazu stagnieren die für die Finanzierbarkeit des Pensionssystems relevanten Beitragszeiten – beziehungsweise sind die Beitragszahlen nur minimal gestiegen. So hatten 2009 die Pensionsneuzugänge durchschnittlich über 31,3 Beitragsjahre verfügt. Im Vorjahr waren es 31,4 Jahre, also nur um einen Zehntelprozentpunkt mehr.
Diese Zahlen zeigen, dass die Menschen zwar über mehr Versicherungsjahre verfü- gen. Doch das Plus hängt nicht wirklich mit einer längeren Erwerbstätigkeit, sondern mit längeren Ersatzzeiten zusammen. Noch düsterer wird das Bild, wenn auch die steigende Lebenserwartung berücksichtigt wird. Von 2009 bis 2017 hat sich die durchschnittliche Lebenserwartung der Pensionsneuzugänge von 80,1 Jahre auf 81,6 Jahre erhöht. „Dadurch ist die sogenannte Beitragszeitenquote, also die Arbeitszeit gemessen an der Lebenserwartung, gesunken: Von 39,0 Prozent im Jahr 2009 auf 38,5 Prozent im Vorjahr“, sagt Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker, der dazu parlamentarische Anfragen eingebracht hat. Laut Loacker wurden in den vergangenen Jahren zusätzliche Ersatzzeiten eingeführt, die das grundlegende Pensionsproblem aber nicht angehen.
Regierung rührt Antrittsalter nicht an
Ähnlich sehen es die Experten des Beratungsunternehmens Mercer. Diese haben die Pensionssysteme in 34 Ländern untersucht. In die Bewertung ist nicht nur das gesetzliche, sondern auch die betriebliche und private Vorsorge eingeflossen. Im Bereich Nachhaltigkeit liegt Österreich auf dem vorletzten Platz. Nur Italiens Pensionssystem schneidet hier schlechter ab. Bislang hat die Regierung erklärt, dass es in dieser Legislaturperiode keine Pensionsreform zur Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters geben wird. Doch angesichts der neuen Zahlen wird der Ruf nach einer Reform immer lauter.