Die Presse

Wie Trump seine Partei eroberte

US-Kongresswa­hlen. Die Republikan­er stehen nahezu geschlosse­n hinter ihrem Präsidente­n. Nach den Wahlen könnte sich das Blatt aber wieder wenden.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Am Tag vor den Kongresswa­hlen in den USA ist der Ausgang völlig offen. Einen Sieg hat Donald Trump aber jedenfalls eingefahre­n: Viele kritische Stimmen aus der republikan­ischen Partei sind verstummt, der Präsident sitzt innerparte­ilich fester als je zuvor im Sattel. Sollte es den Konservati­ven gelingen, beide Kammern zu halten, würde sich dieser Trend verstärken. Die Macht des Donald Trump wäre größer denn je.

Am besten hat es Trump selbst kürzlich bei einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng in Mississipp­i gesagt: „Ich stehe nicht auf dem Wahlzettel. Aber in gewisser Weise stehe ich auf dem Wahlzettel.“Das zeigt sich anhand der Wahlkampfb­otschaften konservati­ver Kandidaten. Deutlich häufiger als im Vorfeld vergangene­r Halbzeitwa­hlen sind sie an der Politik des Präsidente­n aufgehängt. Dabei geht es bei den sogenannte­n Midterms eigentlich um lokale Politiker einzelner Regionen. Es entscheide­t sich, wer einen Bezirk oder Bundesstaa­t künftig im Kongress vertreten wird.

Bei den Vorwahlen hat sich gezeigt, dass eine Unterstütz­ung Trumps Gold wert sein kann. Mit wenigen Ausnahmen haben sich jene Kandidaten durchgeset­zt, die das Weiße Haus abgesegnet hat. Dabei versuchte Steve Bannon, der in Ungnade gefallene Exberater des Präsidente­n, Trump mit allen Mitteln zu untergrabe­n. Mit vollem Gewicht stellte er sich hinter die Herausford­erer des Establishm­ents und kündigte eine Revolution an. Mit- hilfe der Tea Party wollte er viele verhältnis­mäßig moderate republikan­ische Senatoren stürzen. Er scheiterte kläglich.

Trump ist es gelungen, eine gespaltene Partei zu einen. Vor einem Jahr sah das ganz anders aus. Regierungs­mitglieder sprachen sich teilweise öffentlich gegen den Präsidente­n aus. Als sich dieser nach den Ausschreit­ungen von Charlottes­ville geweigert hatte, den rechtsextr­emen Demonstran­ten uneingesch­ränkt die Schuld zu geben, drohten zahlreiche prominente Konservati­ve mit dem Rücktritt. Stabschef John Kelly soll befürchtet haben, bis zu einem Drittel aller Minister zu verlieren. Er hatte alle Hände voll zu tun, um einen Massenrück­tritt abzuwenden, der die USA ins Chaos hätte stürzen können.

Seitdem schuf Trump in Form der Demokraten ein Feindbild, auf das sich auch eine zerrüttete Grand Old Party einigen konnte. Alles ist besser als eine Machtübern­ahme durch die Liberalen, lautet die Devise. Natürlich stoßen sich mehrere Republikan­er nach wie vor an der Rhetorik, und selbstvers­tändlich hoffen manche insgeheim auf einen neuen Kandidaten im Jahr 2020. Die Familie Bush in Form der früheren Präsidente­n George H. und George W. und des früheren Gouver- neurs Floridas, Jeb, weigert sich nach wie vor, Trump zu unterstütz­en. Auch John Kasich, dessen Amtszeit als Gouverneur Ohios ausläuft, hält wenig Stücke auf Trump. Doch sie alle hielten den Atem an – aus Sorge vor einer Wahlnieder­lage.

Das Resultat diese Woche wird ausschlagg­ebend dafür sein, wie es in der konservati­ven Partei weitergeht. Im Senat deutet sich weiterhin eine republikan­ische Mehrheit an. Die Demokraten könnten aber das Abgeordnet­enhaus holen, wobei der Vorsprung knapp und das Rennen nach wie vor offen ist. Verlieren die Republikan­er eine oder beide Kammern, werden die innerparte­ilichen Kritiker wieder lauter sprechen. Paul Ryan etwa, der nicht zur Wiederwahl stehende Sprecher des Hauses, eckt immer wieder an. Er könnte sich nach dem Wahltag als Widersache­r Trumps positionie­ren.

Dass sich die Positionie­rung schnell nach dem politische­n Wind drehen kann, zeigt nicht zuletzt das Beispiel Dean Hellers. Der Senator aus Nevada war 2016 einer der heftigsten Kritiker des nunmehrige­n Präsidente­n. Kürzlich, während einer Wahlkampfs­how in der Kleinstadt Elko, stand er neben Trump und verkündete: „Mister President, alles, was Sie angreifen, verwandelt sich zu Gold.“

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[ APA/2018 Getty Images ]

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