Wie man auf die Wahlen in den USA wettet
Szenarien. Mit Spannung warten Marktteilnehmer auf das Ergebnis der Kongresswahlen vom morgigen Dienstag. Eine vorsichtige Prognose, in welche Richtung es auf den Märkten in den nächsten Tagen bei welchem Ergebnis geht.
Es war am späten Abend des 8. November 2016. Von Minute zu Minute wurde klarer, dass der nächste Präsident der USA Donald Trump heißen wird. Die Futures auf die wichtigsten Indizes stürzten ab. Der Wirtschaftssender CNBC hatte eine Expertenrunde versammelt und man war sich einig: Es droht ein Kursgemetzel. In den kommenden Tagen werde es um drei bis fünf Prozent nach unten gehen. Mindestens. Am 9. November ging die Sonne auf und der S&P 500 Index legte um 1,5 Prozent zu. Im Monat nach der Wahl gewann er mehr als fünf Prozent.
Also: Vertrauen Sie keiner Prognose, wenn es darum geht, was die Märkte nach einer US-Wahl machen werden. Wir versuchen es dennoch. Marktteilnehmer weltweit blicken am Dienstag in Richtung USA. Bei den Kongresswahlen geht es um das Abgeordnetenhaus und den Senat. In beiden Kammern halten Trumps Republikaner die Mehrheit. Viel deutet darauf hin, dass die Demokraten im Haus die Macht übernehmen, die Konservativen hingegen im Senat Gewinne einfahren werden. Möglich ist alles, zu knapp liegen die Prognosen beisammen.
Intuitiv lässt sich ein Plus am Aktienmarkt erwarten, wenn die Republikaner beide Kammern behalten. Trumps Steuerreform und der Abbau der Bürokratie beflügelten die Kurse, und mit den Konservativen im Rücken könnte der Präsident die Wirtschaft zumindest kurz- bis mittelfristig weiter ankurbeln. Joseph Song von der Bank of America folgt dieser Logik. Auf kurze Sicht prophezeit er: Zugewinne, so die Konservativen siegen. Ein Minus, so die Demokraten das Abgeordnetenhaus gewinnen. Und eine Talfahrt, wenn sich die Liberalen beide Kammern holen.
Naturgemäß sieht das auch Donald Trump so: „Der Aktienmarkt ist seit der Wahl massiv im Plus. Aktuell macht er eine kleine Pause, weil die Leute sehen wollen, was bei den Midterm-Wahlen passiert“, schrieb er vergangene Woche auf Twitter: „Wenn Sie Ihre Aktien fallen sehen wollen, empfehle ich, für die Demokraten zu stimmen.“
So weit, so logisch. Nur: Die Geschichte bestätigt diese Theorie nicht. Der Finanzdienstleister Bloomberg hat alle Halbzeitwahlen seit 1930 analysiert. Demnach legte der S&P 500 im Schnitt sowohl am Tag nach der Wahl wie auch in den Perioden von drei und zwölf Monaten danach stärker zu, wenn die Demokraten Zugewinne verbuchen konnten. Song von der Bank of America wiederum hält fest, dass die Märkte historisch am besten abgeschnitten haben, wenn der Präsident Republikaner war und der Kongress zeitgleich von den Demokraten kontrolliert wurde.
Freilich lohnt sich hier eine detaillierte Betrachtung. Nicht jede Korrelation bedeutet auch eine Kausa- lität. Andere Einflussfaktoren, oder auch einfach nur der Zufall, spielen oftmals eine entscheidende Rolle. 2006 unter George W. Bush beispielsweise setzte es dramatische Verluste für die Konservativen. Der Aktienmarkt legte aber in den Monaten danach deutlich zu, obwohl sich Beobachter einig sind, dass Bush eher eine marktfreundliche Politik betrieb. Die Wahlen fanden schlicht während einer Rallye statt, die schließlich Ende 2007 und 2008 ein jähes Ende fand.
2010 unter Barack Obama setzte es für die Demokraten eine der schlimmsten Niederlagen überhaupt. Trotz des republikanischen Machtgewinns ging es im Sommer 2011 an den Märkten bergab. Der Hauptgrund war die Eurokrise. Kurzum, und das ist die Hauptnachricht für Anleger, die auf ein Ergebnis bei den anstehenden Kongresswahlen wetten wollen: Die Welt ist zu komplex, um eine Marktreaktion nur anhand einer US-Wahl auszumachen.
Grundsätzlich stimmt die Intuition: Gewinnen diese Woche die Republikaner, sollte es kurzfristig für Inhaber von US-Aktien ein Plus setzen. Das hilft aber nur wenig, wenn gleichzeitig schlechte Gewinnzahlen bekannt gegeben werden, der italienische Schuldenstreit weiter eskaliert oder die chinesische Kreditblase platzt. Über Jahre betrachtet spielen andere Faktoren eine noch größere Rolle, weshalb sich die langfristige Strategie sowieso von jedem Wahlergebnis loslösen sollte.