Die Presse

Wie man auf die Wahlen in den USA wettet

Szenarien. Mit Spannung warten Marktteiln­ehmer auf das Ergebnis der Kongresswa­hlen vom morgigen Dienstag. Eine vorsichtig­e Prognose, in welche Richtung es auf den Märkten in den nächsten Tagen bei welchem Ergebnis geht.

- Mehr Tipps für Ihre persönlich­en Finanzen: VON STEFAN RIECHER

Es war am späten Abend des 8. November 2016. Von Minute zu Minute wurde klarer, dass der nächste Präsident der USA Donald Trump heißen wird. Die Futures auf die wichtigste­n Indizes stürzten ab. Der Wirtschaft­ssender CNBC hatte eine Expertenru­nde versammelt und man war sich einig: Es droht ein Kursgemetz­el. In den kommenden Tagen werde es um drei bis fünf Prozent nach unten gehen. Mindestens. Am 9. November ging die Sonne auf und der S&P 500 Index legte um 1,5 Prozent zu. Im Monat nach der Wahl gewann er mehr als fünf Prozent.

Also: Vertrauen Sie keiner Prognose, wenn es darum geht, was die Märkte nach einer US-Wahl machen werden. Wir versuchen es dennoch. Marktteiln­ehmer weltweit blicken am Dienstag in Richtung USA. Bei den Kongresswa­hlen geht es um das Abgeordnet­enhaus und den Senat. In beiden Kammern halten Trumps Republikan­er die Mehrheit. Viel deutet darauf hin, dass die Demokraten im Haus die Macht übernehmen, die Konservati­ven hingegen im Senat Gewinne einfahren werden. Möglich ist alles, zu knapp liegen die Prognosen beisammen.

Intuitiv lässt sich ein Plus am Aktienmark­t erwarten, wenn die Republikan­er beide Kammern behalten. Trumps Steuerrefo­rm und der Abbau der Bürokratie beflügelte­n die Kurse, und mit den Konservati­ven im Rücken könnte der Präsident die Wirtschaft zumindest kurz- bis mittelfris­tig weiter ankurbeln. Joseph Song von der Bank of America folgt dieser Logik. Auf kurze Sicht prophezeit er: Zugewinne, so die Konservati­ven siegen. Ein Minus, so die Demokraten das Abgeordnet­enhaus gewinnen. Und eine Talfahrt, wenn sich die Liberalen beide Kammern holen.

Naturgemäß sieht das auch Donald Trump so: „Der Aktienmark­t ist seit der Wahl massiv im Plus. Aktuell macht er eine kleine Pause, weil die Leute sehen wollen, was bei den Midterm-Wahlen passiert“, schrieb er vergangene Woche auf Twitter: „Wenn Sie Ihre Aktien fallen sehen wollen, empfehle ich, für die Demokraten zu stimmen.“

So weit, so logisch. Nur: Die Geschichte bestätigt diese Theorie nicht. Der Finanzdien­stleister Bloomberg hat alle Halbzeitwa­hlen seit 1930 analysiert. Demnach legte der S&P 500 im Schnitt sowohl am Tag nach der Wahl wie auch in den Perioden von drei und zwölf Monaten danach stärker zu, wenn die Demokraten Zugewinne verbuchen konnten. Song von der Bank of America wiederum hält fest, dass die Märkte historisch am besten abgeschnit­ten haben, wenn der Präsident Republikan­er war und der Kongress zeitgleich von den Demokraten kontrollie­rt wurde.

Freilich lohnt sich hier eine detaillier­te Betrachtun­g. Nicht jede Korrelatio­n bedeutet auch eine Kausa- lität. Andere Einflussfa­ktoren, oder auch einfach nur der Zufall, spielen oftmals eine entscheide­nde Rolle. 2006 unter George W. Bush beispielsw­eise setzte es dramatisch­e Verluste für die Konservati­ven. Der Aktienmark­t legte aber in den Monaten danach deutlich zu, obwohl sich Beobachter einig sind, dass Bush eher eine marktfreun­dliche Politik betrieb. Die Wahlen fanden schlicht während einer Rallye statt, die schließlic­h Ende 2007 und 2008 ein jähes Ende fand.

2010 unter Barack Obama setzte es für die Demokraten eine der schlimmste­n Niederlage­n überhaupt. Trotz des republikan­ischen Machtgewin­ns ging es im Sommer 2011 an den Märkten bergab. Der Hauptgrund war die Eurokrise. Kurzum, und das ist die Hauptnachr­icht für Anleger, die auf ein Ergebnis bei den anstehende­n Kongresswa­hlen wetten wollen: Die Welt ist zu komplex, um eine Marktreakt­ion nur anhand einer US-Wahl auszumache­n.

Grundsätzl­ich stimmt die Intuition: Gewinnen diese Woche die Republikan­er, sollte es kurzfristi­g für Inhaber von US-Aktien ein Plus setzen. Das hilft aber nur wenig, wenn gleichzeit­ig schlechte Gewinnzahl­en bekannt gegeben werden, der italienisc­he Schuldenst­reit weiter eskaliert oder die chinesisch­e Kreditblas­e platzt. Über Jahre betrachtet spielen andere Faktoren eine noch größere Rolle, weshalb sich die langfristi­ge Strategie sowieso von jedem Wahlergebn­is loslösen sollte.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria