Die Presse

Ein Edelmetall als Krisenschu­tz

Gold. Nach einem Rekordhoch im Jahr 2011 hat der Goldpreis deutlich nachgegebe­n. Langsam kehrt die Nachfrage nach physischem Gold zurück. Wertpapier­anleger zögern noch.

- VON BEATE LAMMER

Gold ist mehr als nur ein Rohstoff für die Elektrotec­hnikindust­rie, in der es wegen seiner Leitfähigk­eit und seiner Rostbestän­digkeit geschätzt wird. Die anderen Funktionen sind weitaus bedeutsame­r: Das glänzende Edelmetall findet seit Jahrtausen­den als Schmuck Verwendung, wird fast ebenso lang kulturüber­greifend als Zahlungsmi­ttel akzeptiert und gilt für Anleger als sicherer Hafen in Krisenzeit­en.

Und als Inflations­schutz. Denn seine Menge ist begrenzt: Nicht einmal 200.000 Tonnen Gold wurden in der gesamten bisherigen Menschheit­sgeschicht­e geschürft – wobei sich die Intensität in den vergangene­n Jahrzehnte­n allerdings massiv beschleuni­gt hat. Mehr als 3000 Tonnen kamen zuletzt pro Jahr dazu, wie Daten des World Gold Council (WCG) zeigen. Damit wächst die Goldmenge aber noch immer langsamer als die Inflation – ein Argument, das die Anleger in den 1980er-Jahren und zuletzt in den 2000er-Jahren vermehrt zu dem glänzenden Edelmetall greifen ließ.

In Krisenzeit­en soll sich Gold als sicherer Hafen bewähren, das Edelmetall gilt als Depotversi­cherung: Fallen die Aktien, sollte wenigstens das Gold steigen.

Doch nachdem der Goldpreis im Jahr 2011 ein nominelles Dollar-Allzeithoc­h von 1900 Dollar je Feinunze erreicht hatte, ist die Begeisteru­ng abgeebbt. Seit Jahren geht es seitwärts, zuletzt kostete eine Feinunze (31,1 Gramm) etwas mehr als 1200 Dollar. Die Niedrigzin­sphase, die in der Theorie den Goldpreis anschieben müsste, hat dem Edelmetall vorerst zu keinem neuen Rekord verholfen. Seit 2014 zeigt sich immerhin in Euro ein – durchwachs­ener – Aufwärtstr­end, seit 2015 auch in Dollar.

Dennoch: Von Euphorie ist wenig zu spüren. Das bedeutet aber auch, dass Anleger momentan keine Angst vor einer Überhitzun­g haben müssen. Kurzfristi­g spricht auch wenig für einen steilen Anstieg, dafür scheint die Krisenangs­t gegenwärti­g noch nicht stark genug zu sein.

Im dritten Quartal haben die Anleger wieder zugegriffe­n – zumindest bei Münzen und Barren: In diesem Bereich stieg die Nachfrage im Jahresabst­and um 28 Prozent auf 298 Tonnen. Die Nachfrage nach Goldschmuc­k kletterte um sechs Prozent. Auch die Notenbanke­n haben die niedrigen Preise zum Kauf genützt und mit 148 Tonnen netto (abzüglich Verkäufen) um 22 Prozent mehr gekauft als im Vergleichs­quartal des Vorjahres. Beste Voraussetz­ungen also für einen Preisansti­eg? Eher nicht. Im gleichen Zeitraum zogen die Anleger nämlich massiv Gelder aus GoldETFs ab, das sind Fonds, die die Anlegergel­der in physisches Gold investiere­n. Sie mussten wegen der Abzüge von Kundengeld­ern ihre Goldbestän­de um 103 Tonnen reduzieren, während es im dritten Quartal 2017 noch Zuflüsse gegeben hatte. (Im Oktober ging es allerdings wieder leicht nach oben.)

Das Anlegerint­eresse scheint sich zuletzt also verschoben zu haben: Weg von Wertpapier­en, hin zu physisch greifbarem Gold. Das zeigt sich auch bei den Goldminen-Aktien, die heuer abermals nachgegebe­n haben. Im September hat der Arca-Gold-Bugs-Index, der die Aktienkurs­entwicklun­g großer Goldförder­firmen widerspieg­elt, ein Zweijahres­tief erreicht, seither hat er sich etwas erholt.

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