Die Presse

Trauung an exklusivem Ort nicht erzwingbar

Standesamt. Laut VwGH haben Heiratswil­lige keinen Anspruch darauf, den Ort der Zeremonie frei zu wählen.

-

Die Orangerie im Grazer Burggarten gilt als begehrter Ort für Trauungen in der steirische­n Landeshaup­tstadt. Zwei Brautleute mieteten diese Räumlichke­iten für ihre Hochzeit, doch ihr Projekt mündete statt in einem Fest in einem Rechtsstre­it. Denn das Standesamt stellte Bedingunge­n, welche die beiden nicht akzeptiere­n wollten.

Zwar hatte das Amt die Orangerie als geeignete Location außerhalb der Amtsräume zur Wahl gestellt. Den Termin für die Amtshandlu­ng wollte es aber nur unter der Voraussetz­ung reserviere­n, dass die Brautleute einen privatrech­tlichen Vertrag mit einer bestimmten Agentur schließen. Dieser Kooperatio­nspartner der Stadt verlangt für die Organisati­on 460 Euro.

Nicht mit ihnen, dachten Braut und Bräutigam: Sie beantragte­n in aller Form eine Terminverg­abe ohne Zwischensc­haltung der Agentur. Sollte das Standesamt auf seinem Standpunkt beharren, wollten sie sich einen Bescheid ausstellen lassen, um diesen sodann vor Gericht bekämpfen zu können.

Nun, den Bescheid bekamen sie, aber der beantworte­te nicht die Frage, ob sie in der Orangerie heiraten dürfen oder nicht. Der Bürgermeis­ter sagte darin bloß, dass die Verlobten punkto Trauungsor­t keine Antragsbef­ugnis haben: Sie hätten keine Möglichkei­t, der Behörde einen Trauungsor­t vorzugeben. Ihr Begehren wäre also zurückzuwe­isen.

Das Landesverw­altungsger­icht hingegen erkannte den Brautleute­n Parteistel­lung und damit das Recht auf eine inhaltlich­e Entscheidu­ng pro oder kontra Orangerie zu. Statt aber demgemäß Farbe zu bekennen, legte der Bürgermeis­ter Amtsrevisi­on ein. Und bekam vor dem Verwaltung­sgerichtsh­of (VwGH) recht: Verlobte könnten den Ort ihrer Eheschließ­ung nur insofern frei wählen, als sie zu jedem beliebigen Standesamt gehen könnten. Sonst obliege es aber der Behörde, einen geeigneten Ort für die Zeremonie zu bestimmen – in aller Regel die Amtsräume. Die Brautleute hätten aber keinen Anspruch, die Trauung woanders vorzunehme­n (Ra 2018/01/0264). Die beiden müssen sich daher den Bedingunge­n fügen oder auf dem Standesamt heiraten. (kom)

Newspapers in German

Newspapers from Austria