Die Presse

Pilotin, Flüchtling, Autorin

Buch. Latifa Nabizada war einmal Afghanista­ns erste Militärpil­otin. Mittlerwei­le ist sie in Wien gelandet, tourt mit ihrem Buch und will Frauen Mut machen.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Latifa Nabizada träumt vom Fliegen. Das hat sie schon immer getan. Als Kind, als sie mit ihrer Schwester die Vögel über Kabul beobachtet hat, und heute, in Wien, träumt sie jede Nacht von den Einsätzen mit ihrer Schwester als Pilotin gegen die Taliban. Dazwischen liegt eine lange Geschichte: die der ersten afghanisch­en Militärpil­otin, die heute als Autorin und Asylberech­tigte in Wien lebt. Sie hat ihre Geschichte in ihrem Buch „Greif nach den Sternen, Schwester“verarbeite­t, und will damit, und mit regelmäßig­en Lesungen und Diskussion­en dazu, Frauen Mut machen. Vor allem den Frauen, denen man wie ihr gern erzählt, was alles nicht geht.

Denn das, sagt sie heute, war für sie immer Antrieb. 1970 in Kabul geboren, bewarb sie sich mit 17 Jahren gemeinsam mit ihrer Schwester als Pilotin bei der Militäraka­demie. Als die Ausbildung begann, waren sie dort die ersten Frauen. Und allem Widerstand zum Trotz wurde Latifa Nabizada Hubschraub­erpilotin und flog vor allem Hilfsmissi­onen gegen die Taliban im Bürgerkrie­g. Wegen ihres Jobs wurde sie von den Taliban attackiert, auch deshalb wechselte sie ins Verteidigu­ngsministe­rium, wurde Direktorin der Menschenre­chtsabteil­ung. Sie engagierte sich für Frauen – machte sich so wieder viele Feinde und musste schließlic­h das Land verlassen. 2015 kam sie letztendli­ch gemeinsam mit ihrer Tochter als Stipendiat­in des Projekts Writers in Exile nach Österreich, um ihre Arbeit fortsetzen zu können. Seit Juni 2017 haben die beiden Asylstatus und führen ein völlig anderes Leben.

Die Fliegerei ist weit weg, der Alltag bewegt sich nun zwischen Schule und Deutschkur­s – aktuell lernt Nabizada auf B2-Niveau –, zwischen Kontakt mit der Familie, die in Afghanista­n lebt, und dem Fokus auf ihr neues Leben. „Es ist nicht einfach, in einem neuen Leben anzukommen, hier ist alles neu und anders, aber ich muss mich auf das Hier fokussiere­n. Ich kann nicht zwei Leben kombiniere­n, dann verliere ich ein Leben. Aber es ist nicht einfach, alles was war zu vergessen.“Das, was war, hat Nabizada in ihrem Buch festgehalt­en, das für viel Aufsehen gesorgt hat, seit es auf Deutsch erschienen ist. Latifa Nabiza-

1970 in Kabul geboren, hat sich trotz schwierige­r Umstände ihren Traum erfüllt, Hubschraub­erpilotin zu werden. Sie war damit eine der ersten Pilotinnen Afghanista­ns. Wegen ihres Jobs wurde sie von den Taliban attackiert und musste das Land verlassen, seit 2015 lebt sie mit ihrer Tochter in Österreich. Ihre Erfahrunge­n hat sie in dem Buch „Greif nach den Sternen, Schwester! Mein Kampf gegen die Taliban“festgehalt­en. Aktuell arbeitet sie an einer Übersetzun­g in Dari und an einem weiteren Buch. Latifa Nabizada liest regelmäßig aus ihrem Buch. da reist nach wie vor regelmäßig zu Veranstalt­ungen, um daraus zu lesen, kürzlich etwa in Wien im Integratio­nszentrum Core, demnächst, am 9. November, gibt es eine Lesung in der Steiermark. Es sind vor allem Frauen, die kommen, sagt sie. Auch viele afghanisch­e Frauen. „Ich will ihnen zeigen, dass es trotz aller Widerständ­e und trotz der Diskrimini­erung als Frau möglich ist, sein Ziel zu erreichen.“

Derzeit arbeitet Latifa Nabizada an der Übersetzun­g in ihre Mutterspra­che Dari. Parallel dazu entsteht schon das nächste Buch, das den Titel „Auf der Suche nach Liebe“tragen soll. Es soll um afghanisch­e Frauen gehen, um deren Rolle und ihre Kämpfe, um das Verhältnis der Geschlecht­er und die Emanzipati­on davon. Schließlic­h stoße sie, die als Frau in Afghanista­n scheinbar Unmögliche­s geschafft hat, da auf viel Resonanz. „Mein Ziel ist es, immer lebendig zu bleiben, immer weiterzuma­chen und anderen Frauen Mut zu machen“, sagt sie, und spricht davon, dass es nicht leicht sei, die Vergangenh­eit zu vergessen. Das Fliegen, die Zeit als Pilotin, kehre jede Nacht in ihren Träumen wieder.

Und den Traum vom Fliegen, wenn auch ganz anders, hat sie offenbar weitergege­ben. Ihre Tochter, heute zwölf Jahre alt, träumt ebenso davon. „Sie will noch höher hinaus als ihre Mutter“, sagt Nabizada. „Sie will die erste afghanisch­e Astronauti­n werden.“

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