Ein Bildungsraum Europa ist das Ziel
Die Einrichtung von „Europäischen Universitäten“als Leuchtturmprojekte für gemeinsamen Wissensraum.
Vier europäische Universitäten finden sich 2018 unter den Top-10-Universitäten der Welt (Times Higher Education Ranking) – drei davon in Großbritannien, eine in der Schweiz. Die besten EU-Universitäten finden sich erst in den Top 30. Die EU verliert mit dem Brexit nicht nur ihre WeltklasseUniversitäten, sondern auch wissenschaftliche Exzellenz.
Die anlaufenden Diskussionen über „Europäische Universitäten“sind in diesem Kontext als klares Bekenntnis zur Stärkung der akademischen hochwertigen Ausbildung und damit auch der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit Europas zu verstehen.
Emmanuel Macron, der in seiner Sorbonne-Rede im September 2017 die Idee der Europäischen Universität ins Spiel brachte, verbindet mit dieser Institution auch die Frage nach einer europäischen Identität und Kultur. Europäische Universitäten sind für ihn „ein Netzwerk von Universitäten aus mehreren Ländern Europas (...) die einen Studienverlauf schaffen, in dem jeder Studierende im Ausland studiert und Seminare in mindestens zwei Sprachen belegt“.
Die Idee der Europäischen Universitäten wurde im Dezember 2017 vom Europäischen Rat aufgenommen und findet sich auch im Vorschlag für das neue Erasmus-Programm ab 2021: Bis 2024 sollen rund 20 Europäische Universitäten entstehen. Ende Oktober hat die Union 30 Millionen Euro zur Gründung der ersten sechs Netzwerke ab 2019 zur Verfügung gestellt.
Was aber ist das Europäische an diesen neuen Universitäten? Klar ist: Es geht nicht um neue Institutionen, sondern um neue Arten der Zusammenarbeit in hoch integrierten gemeinsamen Studienangeboten. Nun können diese Studienangebote selbst einen inhaltlich auf Europa bezogenen Schwerpunkt haben – dies wird aber keine Grundvoraussetzung sein können. Es darf nicht darum gehen, ausschließlich neue European-Studies-Angebote zu fördern und bestehende exzellente Angebote (etwa eines College d’Europe) zu verdoppeln.
Das Neue der Europäischen Universität wird in der Form der Zusammenarbeit und Durchlässigkeit liegen: Sie ist, im besten Sinne, selbst ein Pilotversuch, in dem der künftige europäische Bildungsraum bereits realisiert ist: Problemlose Anerkennung von Studienleistungen, ausdifferenziertes Studienangebot entsprechend den Stärken der einzelnen Universitäten und Hochschulen, Mehrsprachigkeit des Studienangebots und Internationalität by Design. Die Europäische Universität muss das sein, was der Europäische Bildungsraum einst werden soll.
Daher wird es auch wichtig sein, den Zugang zu diesen Netzwerken nicht ausschließlich den bestehenden Exzellenzeinrichtungen vorzubehalten: Selbstverständlich müssen alle beteiligten Institutionen mit exzellenten Studienangeboten dazu beitragen, der Europäischen Universität selbst zu einem hervorragenden Studienangebot zu verhelfen. Dieses muss aber jedenfalls breit zugänglich sein und damit auch die akademische europäische Tradition abbilden, die Exzellenz und Breite, Lehre und Forschung, akademischen Auftrag und gesellschaftliche Verantwortung verbindet und nicht gegeneinander ausspielt.
Der Wissensraum Europa hat immer von seiner Offenheit gelebt. Das politische Bemühen um den Europäischen Bildungsraum führt uns zurück in eine Freiheit, die unsere Universitäten lange Zeit hatten. Der Bildungsraum Europa braucht neue Leuchtturmprojekte und Exzellenzinstitute, um weltweit sichtbar und wettbewerbsfähig zu bleiben.