Die Presse

Bahn frei für Aufnahme Kosovos bei Interpol

Westbalkan. Bundeskanz­ler Kurz überzeugte die FPÖ, dem jungen Staat den Weg in die internatio­nale Polizeiorg­anisation nicht zu verbauen. Vizekanzle­r Strache hatte sich bisher dezidiert dagegen ausgesproc­hen.

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Österreich wird sich nicht dagegen querlegen, dass die internatio­nale Polizeiorg­anisation Interpol den Kosovo aufnimmt. Das gab Kanzler Sebastian Kurz am Dienstag in Prishtina kurz vor seinem Treffen mit Präsident Hashim Thaci¸ gegenüber der Nachrichte­nagentur APA bekannt.

Die Frage war koalitions­intern umstritten. Vor zwei Wochen noch hatte sich Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache bei einem Treffen mit dem serbischen Außenminis­ter Ivica Daciˇc´ in Wien gegen eine Aufnahme des Kosovo ausgesproc­hen. Solange die Rechtssitu­ation eines Landes nicht geklärt sei, dürfe man einen solchen Schritt nicht setzen, sagte der FP-Chef damals.

Inzwischen haben sich die freiheitli­chen Freunde Serbiens überzeugen lassen. Kurz, Strache und Innenminis­ter Herbert Kickl hätten sich auf eine Linie verständig­t, verlautete aus dem Kanzleramt. In einer gemeinsame­n Stellungna­hme heißt es nun, dass „bei aller berechtigt­en Kritik“die Vorteile einer Interpol-Mitgliedsc­haft des Kosovo im Sinne einer grenzübers­chreitende­n Verbrechen­sbekämpfun­g überwögen. Inter- pol entscheide­t auf einer Generalver­sammlung vom 18. bis 21. November in Dubai über eine Aufnahme des Kosovos. Dafür wäre eine Zweidritte­lmehrheit nötig.

Serbien reitet seit Langem Kampagnen gegen den Beitritt des Kosovo zu internatio­nalen Organisati­onen. Es erkennt, ebenso wie fünf EU-Mitglieder (Spanien, Griechenla­nd, Zypern, Rumänien, Slowakei) die Unabhängig­keit seiner früheren Provinz nicht an. Im November 2015 war es den Serben gelungen, den Beitritt des Kosovo zur UNKulturor­ganisation Unesco zu verhindern.

Skepsis gegenüber eigener Armee

Die EU versucht geduldig, eine Normalisie­rung der Beziehunge­n zwischen Belgrad und Prishtina herbeizufü­hren. Ihr Lockmittel ist die Mitgliedsc­haft im europäisch­en Klub. Ohne Aussöhnung kein EU-Beitritt – das ist die Botschaft an die Streitpart­eien. Durchschla­gend erfolgreic­h war die Strategie bisher nicht. Seit Anfang September liegen die kosovarisc­h-serbischen Gespräche auf Eis. Ende August hatten die Präsidente­n beider Länder – mit Rückendeck­ung der ös- terreichis­chen Staatsführ­ung – beim Europaforu­m Alpbach einen Gebietstau­sch und Grenzkorre­kturen ins Spiel gebracht. Mit diesem Testballon ernteten sie im Rest Europas teilweise aufgeschre­ckte Reaktionen.

Kanzler Kurz betonte am Dienstag in Prishtina, dass ihm jede Einigung recht sei, auch wenn sie Grenzänder­ungen beinhalte. Er rief dazu auf, den serbisch-kosovarisc­hen Dialog wieder aufzunehme­n. Ohne Abkommen werde es weder ein friedliche­s Zusammenle­ben in der Region noch eine Zukunft in der EU geben, sagte er. Ähnliche Akzente hatte Kurz schon am Vortag in Belgrad bei Präsident Aleksandar Vuciˇc´ gesetzt. Österreich plädiert seit Jahren für eine EU-Integratio­n der Westbalkan-Staaten.

Was eine Visa-Liberalisi­erung für den Kosovo anlangt, dämpfte der Kanzler die Erwartunge­n. In der Union stehen in dieser Angelegenh­eit die Niederland­e, Frankreich und Deutschlan­d auf der Bremse. „Sehr skeptisch“äußerte er sich zu den Bemühungen des Kosovo, eine eigene Armee aufzubauen. Dagegen hatte sich zuletzt auch Strache dezidiert gestemmt. (APA/cu)

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