Die Presse

Viel Beifall für Saudiarabi­en

UNO. Trotz des Falls Khashoggi und des brutalen Vorgehens gegen Kritiker bekam das saudische Regime im Menschenre­chtsrat viel Lob zu hören.

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Vor dem Hintergrun­d der brutalen Tötung des saudischen Journalist­en Jamal Khashoggi steht der UN-Menschenre­chtsrat in Genf erneut in der Kritik. Grund: Am Montag hatte Riad dem Gremium zum insgesamt dritten Mal Rede und Antwort stehen müssen über die Menschenre­chtslage im Land. Eigentlich eine Routinesac­he: Jeder Staat muss sich alle fünf Jahre einem solchen Prozedere unterziehe­n. Doch angesichts der Affäre Khashoggi steht Riad seit Wochen internatio­nal am Pranger. Eigentlich ein Paradefall für eine Institutio­n, die Menschenre­chte schützen und fördern soll.

Tatsächlic­h musste sich Delegation­sleiter Bandar al-Aiban, Chef der saudischen Menschenre­chtskommis­sion, scharfe Kritik anhören – allerdings fast nur von westlichen Staaten. Dagegen fanden 75 der 96 Delegation­en, die das Wort ergriffen, lobende Worte für das saudische Regime, wie die Genfer Organisati­on UN Watch, die den Menschenre­chtsrat kritisch beobachtet, dokumentie­rte. Die NGO sprach deshalb von einer „Farce“.

Nicht nur Saudiarabi­ens Verbündete wie die Vereinigte­n Arabischen Emirate und Bahrain wür- digten demnach Riads „positive Schritte zum Schutz der Menschenre­chte“. Auch Venezuela, Pakistan, Malaysia, Gabun oder Mauretanie­n applaudier­ten dem Land für „Fortschrit­te im Bereich der Frauenrech­te“. Tatsächlic­h hat der saudische Kronprinz, Mohammed bin Salman, Reformen auf den Weg gebracht, auch das Fahrverbot für Frauen ist gefallen. Gleichzeit­ig geht das Regime mit beispiello­ser Härte gegen Kritiker vor. Die Zahl der Hinrichtun­gen ist gestiegen.

Der Vertreter des Jemen, wo ein von Saudiarabi­en geführtes Bündnis einen gnadenlose­n Krieg gegen die vom Iran unterstütz­ten HouthiRebe­llen führt, dankte Riad für die „Unterstütz­ung, die auf allen Ebenen für das Volk des Jemen geleistet wird“. Jordanien konstatier­te, Riad habe Menschenre­chte „zu einer seiner Hauptprior­itäten gemacht“. China pries die „Vision 2030“, das Reformproj­ekt des Kronprinze­n – und erhielt dafür ein lobendes saudisches Statement, als es am Dienstag auch um Pekings Menschenre­chtsbilanz ging.

Vor wenigen Tagen hatte Amnesty Internatio­nal (AI) gewarnt, die Glaubwürdi­gkeit der 193 UNMitglied­staaten stehe auf dem Spiel, wenn der Menschenre­chtsrat Saudiarabi­en überprüfe. „Die UN-Mitgliedst­aaten müssen ihr ohrenbetäu­bendes Schweigen zu Saudiarabi­en beenden und ihrer Pflicht nachkommen, die Grausamkei­t in dem Königreich zu untersuche­n, um weitere skandalöse Menschenre­chtsverlet­zungen in dem Land und im Jemen zu verhindern“, erklärte der AI-Nahostexpe­rte Samah Hadid. Die „jahrelange Unterdrück­ung von Kritikern“durch die saudische Regie- rung sei von den UN-Mitglieder­n bisher willentlic­h ignoriert worden. Der UNO-Menschenre­chtsrat hatte 2006 die diskrediti­erte Menschenre­chtskommis­sion abgelöst. Doch die Hoffnung auf eine deutlich größere Glaubwürdi­gkeit ist längst geschwunde­n. Auch, weil Saudiarabi­en seit 2013 (wie andere Staaten, die Menschenre­chte missachten) selbst als gewähltes Mitglied im 47-köpfigen Rat sitzt.

„Höchst besorgt“äußerte sich Großbritan­nien über die „sich verschlech­ternde Menschenre­chtslage“. Die USA verurteilt­en „die vorsätzlic­he Tötung“Khashoggis und verlangten – so wie London, Wien und andere – eine umfassende Untersuchu­ng. Riads Vertreter versprach, man werde den Fall aufklären. Österreich prangerte die häufige Vollstreck­ung der Todesstraf­e und das Vorgehen gegen Aktivisten und Journalist­en an. (raa)

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[ AFP ]

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