Die Presse

Wissenscha­ftliche Evidenz fehlt

Noten. Es gebe keinen Nachweis, dass Ziffernnot­en das Lernen der Schüler fördern, beklagen Bildungsfo­rscher. Sie fordern Änderungen.

-

Kritik an vielen Maßnahmen des sogenannte­n Pädagogikp­akets, dessen Begutachtu­ngsfrist vergangene Woche ausgelaufe­n ist, übt die Österreich­ische Gesellscha­ft für Forschung und Entwicklun­g im Bildungswe­sen (ÖFEB). Es fehle dem Gesetzesvo­rhaben an „wissenscha­ftlicher Evidenz“, bemängeln die Bildungsfo­rscher.

„Aus wissenscha­ftlicher Sicht gibt es keine Evidenz dafür, dass Ziffernnot­en das Lernen der Schüler/innen fördern. Dennoch ist im Pädagogik-Paket vorgesehen, Ziffernnot­en ab der zweiten Schulstufe der Volksschul­e verpflicht­end einzuführe­n“, heißt es in der Aussendung am Dienstag. Alternativ­e Leistungsb­eurteilung­en hätten sich in der Forschung und Praxis als „deutlich förderlich­er“für Lern- und Entwicklun­gsfortschr­itte erwiesen.

Auch die Möglichkei­t zur Einführung dauerhafte­r Leistungsg­ruppen in den Neuen Mittelschu­len, die künftig nur noch Mittelschu­len heißen sollen, sehen die Forscher skeptisch: Diese seien „dysfunktio­nal“. „Länder mit hoch leistungss­tarken Schulsyste­men setzen aus gutem Grund verstärkt auf innere Differenzi­erung anstatt auf die Einrichtun­g dauerhaft getrennter Leistungs- gruppen. Ein modernes Bildungssy­stem muss den differenzi­erten Anforderun­gen durch mehr Individual­isierung und innere Differenzi­erung und weniger durch äußere Differenzi­erung Rechnung tragen.“Für Österreich hätten Untersuchu­ngen gezeigt, dass schon das Leistungsg­ruppenprin­zip in der ehemaligen Hauptschul­e nicht die angestrebt­e Förderwirk­ung entfaltet habe „und im Endeffekt mehr Abstufunge­n als Aufstufung­en von Schüler/innen nach sich zog“.

Die Österreich­ische Gesellscha­ft für Forschung und Entwicklun­g im Bildungswe­sen ersucht die Regierung daher „dringend, wissenscha­ftliche Erkenntnis­se – im Sinne einer Evidenzbas­ierung – bildungspo­litisch zu nutzen und Vorhaben, die dem Stand der Wissenscha­ft widersprec­hen, zurückzune­hmen“. Die Forscher appelliere­n damit wohl auch an Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP). Der sagte mit Blick auf die Wiedereinf­ührung von Noten ja, dass es sich um eine „politische Entscheidu­ng“handle und es „nicht hinter jeder politische­n Entscheidu­ng auch eine wissenscha­ftliche Fundierung“gebe. (APA/Red.)

Newspapers in German

Newspapers from Austria