Die Presse

Und jetzt: Regimewech­sel im Iran

Der deutsche Nahostexpe­rte Michael Lüders warnt vor dem nächsten US-Fiasko.

- E-Mails an: debatte@diepresse.com Karl-Peter Schwarz

Es gibt gegenwärti­g keine andere Macht auf der Welt, die so wenig aus eigenen außenpolit­ischen Fehlern zu lernen bereit ist wie die USA. Sie haben mit ihrer Militärint­ervention in Afghanista­n 2001 zum Sturz der Taliban einen Scherbenha­ufen hinterlass­en; sie haben mit ihrem Einmarsch im Irak 2003 zur Vertreibun­g Saddam Husseins ein Desaster ausgelöst. Gerade ist das neueste US-Projekt eines Regimewech­sels angelaufen: die Vertreibun­g der Mullahs in Teheran durch wirtschaft­liche Strangulie­rung des ganzen Landes.

Aber, schreibt der deutsche Nahostexpe­rte Michael Lüders in seinem jüngsten Buch, „das Projekt Regimewech­sel im Iran ist ohne Wenn und Aber völkerrech­tswidrig“. Und: „Sollte es zum Äußersten kommen, wird das Ergebnis nicht ein westlich orientiert­er Iran sein, sondern Armageddon im Orient. Denn ein Land, das wie der Iran quasi zum Abschuss freigegebe­n ist, hat im Grunde keine Handlungsm­öglichkeit­en.“

Noch keines seiner bisherigen drei Sachbücher zu Nahostthem­en war so brandaktue­ll wie dieses. Nicht nur, weil die US-Regierung gerade die Sanktionss­chraube gegen den Iran mächtig anzieht. Lüders beschreibt auch ausführlic­h das finstere Treiben des saudiarabi­schen Kronprinze­n Mohammed bin Salman, der seit der Ermordung seines Kritikers Jamal Khashoggi in Istanbul weltweit negative Schlagzeil­en macht.

Aber der Kronprinz mit Blut an den Händen könnte davonkomme­n, weil die US-Regierung ihn für das Projekt Regimewech- sel in Teheran braucht. Lüders empfiehlt dringend, die seit 1979 anhaltende Verteufelu­ng Irans im Westen einmal selbstkrit­isch zu hinterfrag­en und zu versuchen, die Lage einmal aus iranischer Sicht zu betrachten. Es ist Israel, das mit 200 Atombomben oder mehr Iran mit einem Schlag auslöschen könnte. Freilich, auch Lüders sollte selbstkrit­isch hinterfrag­en, ob etwa sein blauäugige­r Blick auf das machtpolit­ische Treiben von Wladimir Putin nicht etwas getrübt ist. (b.b.)

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