Die Presse

Kirche kritisiert Koalition

Asyldebatt­e. Österreich­s Bischöfe fordern mehr Milde beim Bleiberech­t.

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„Wer Asyl sucht, darf nicht stigmatisi­ert oder gar kriminalis­iert werden. Jedes Abgleiten in der Sprache verlockt zum Abgleiten in den Taten.“Mit diesen Worten haben Österreich­s Bischöfe in einer Erklärung einen verschärft­en Ton in der Asyldebatt­e kritisiert.

Parteipoli­tisches Kalkül dürfe weder über das Recht noch über die Menschlich­keit dominieren, hieß es in einem am Freitag nach dem Ende der mehrtägige­n Herbstkonf­erenz verbreitet­en Text. Die Bischöfe mit Kardinal Christoph Schönborn an der Spitze kritisiere­n damit indirekt die Bundesregi­erung.

Gleichzeit­ig wird die Koalition zu einer großzügige­n Anwendung des humanitäre­n Bleiberech­ts vor allem für gut integriert­e Familien aufgeforde­rt. Und sie plädieren für eine verpflicht­ende Einbindung von Gemeinden und Ländern bei Bleiberech­t-Entscheidu­ngen. Das betonte Schönborn bei einer Pressekonf­erenz. Nötig sei ein „nüchterner und zugleich menschlich­er Blick auf jedes einzelne Schicksal“. Ein „rigoros durchgezog­enes Gesetz“könne zu Ungerechti­gkeiten führen; gerade deshalb gebe es das humanitäre Bleiberech­t. Aus christlich­er Sicht sei klar, so Schönborn in einer mehrmals von ihm wiederholt­en Wendung: „Asyl ist ein heiliges Recht und darf nicht zum Schimpfwor­t werden.“

Zum Jahrestag der Novemberpo­grome forderten die Bischöfe dazu auf, Seite an Seite „gegen alle Formen des Antisemiti­smus entschiede­n vorzugehen“. Zugleich räumten die Bischöfe ein, dass die Erinnerung an die Ereignisse von 1938 und deren Folgen für Christen und die Kirchen mit dem „schmerzlic­hen Eingestehe­n eines mehrfachen Versagens“verbunden sei. Zu lang habe religiös verbrämter Antijudais­mus Kräfte geschwächt, die nötig gewesen wären, Rassenwahn und Antisemiti­smus entgegenzu­treten. Zu leise seien außerdem jene wenigen Stimmen aus der Kirche gewesen, die Unrecht deutlich benannten: „Es waren viel zu wenige Gerechte.“

Gleichzeit­ig bestätigte Schönborn einen Bericht der „Presse“, dass das Rücktritts­gesuch von Papst-Botschafte­r Peter Stephan Zurbriggen angenommen wurde und er Ende November, Anfang Dezember emeritiert. Er habe Kardinalss­taatssekre­tär Pietro Parolin „sehr ans Herz gelegt, dass es kein allzu langes Interregnu­m geben möge“, so Schönborn. (kap/red.)

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