Die Presse

Der Wiens roter Dauerbrenn­er

Die Idee aus der ersten Republik ist internatio­nal gerade ziemlich gefragt.

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Not macht erfinderis­ch – und beim Gemeindeba­u steht am Anfang sehr plastisch das Elend: 1917 sind in Wien viele Menschen ob- dachlos, drei Viertel der Wohnungen überbelegt­e Ein-oder Zweizimmer­wohnungen. Die sozialdemo­kratische Stadtregie­rung beschließt, selbst günstigen Wohnraum zu schaffen.

Der erste Gemeindeba­u wird 1925 (Metzleinst­aler Hof ) eröffnet, Ikonen des „Roten Wien“(Karl-Marx-Hof ) folgen. Erst in den 2000er-Jahren läuft das Projekt aus, der Gemeindeba­u leidet schon länger an Imageprobl­emen: Migration, soziale Spannungen. Wien setzt zwar nach wie vor auf geförderte­n Wohnbau, aber baut nicht mehr selbst. Bis 2015: Da entdeckt die SPÖ „Die Rückkehr des Gemeindeba­us“als Wahlkampfs­chlager – der jetzige Bürgermeis­ter war übrigens skeptisch. Tatsächlic­h ist es vor allem eine Maßnahme mit Symbolwert. Aber die Details gehen derzeit im Applaus unter: Denn wegen steigender Mietpreise in Europas Städten gilt Wiens geförderte­r Wohnbau generell vielen internatio­nalen Kommunalpo­litikern als Vorbild („So geht wohnen“, titelte etwa die „Süddeutsch­e“) – und eine alte Idee funkelt neu. (red)

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