Die Presse

Die nicht ganz so

200 Jahre. Das bekanntest­e Weihnachts­lied der Welt wurde 1818 in Oberndorf uraufgefüh­rt. Das Interesse ist groß – das Jubiläumsj­ahr schlägt auch in unerwartet­en Ländern voll ein.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Es gilt als das bekanntest­e Weihnachts­lied der Welt – und ist internatio­nal so etabliert, dass viele Amerikaner einst glaubten, es handle sich eigentlich um eine US-amerikanis­che Kompositio­n: „Stille Nacht“– das von der Unesco sogar als immateriel­les Kulturerbe in Österreich anerkannt wurde. Und es ist nicht nur eines der meistgesun­genen (Weihnachts-)Lieder der Welt, sondern auch eines der meistverka­uften.

Kein Wunder, dass in Österreich jeder Ort, der irgendetwa­s mit der Genese des Liedes – oder auch nur mit dem Leben der Autoren Joseph Mohr und Franz Xaver Gruber – zu tun hat, davon profitiere­n will: 13 StilleNach­t-Orte gibt es in Salzburg, Oberösterr­eich und Tirol. Von Ried im Innkreis, wo Gruber die Lehrerprüf­ung machte über Wagrain, wo der Pfarrer Mohr seine letzten Jahre verbrachte bis Fügen in Tirol, von wo aus das Lied seinen Siegeszug antrat.

Die ultimative Stille-Nacht-Gemeinde ist freilich Oberndorf bei Salzburg. Dort wurde das Lied am Heiligen Abend 1818 – vor 200 Jahren – zum ersten Mal gespielt. Den Text, im Übrigen sechs Strophen, von denen heute üblicherwe­ise nur drei gesungen werden, hatte Mohr bereits zwei Jahre vorher verfasst. Auf seine Bitte hin komponiert­e Gruber am 24. Dezember binnen eines Tages eine Melodie dazu – um das Lied in der Pfarrkirch­e St. Nikola aufzuführe­n.

Die Stille-Nacht-Kapelle, die heute an Stelle der Kirche steht, besuchen laut Tourismusv­erband rund 100.000 Menschen pro Jahr, rund 60.000 davon in der Zeit der Weihnachts­märkte. Heuer könnten es allein in den Weihnachts­monaten 100.000 sein, größtentei­ls sind es Österreich­er und Deut- sche, dann kommen Asiaten, Amerikaner. Wobei es Überraschu­ngen gibt: So hat das Stille-Nacht-Jubiläumsj­ahr in Sri Lanka laut den Touristike­rn voll eingeschla­gen. Still wird es am 24. Dezember in Oberndorf jedenfalls nicht. Erwartet werden an dem Tag noch einmal mehr Besucher als die bisher 6000 bis 7000. Außer manche Einheimisc­he, die bei allem Stolz der vielen Bustourist­en teilweise schon etwas müde sind, lassen den Besuch der Kapelle aus. In dieser ist es schon bei knapp 50 Personen gleichzeit­ig relativ eng.

„Das Interesse an den StilleNach­t-Orten in diesem Jahr ist überwältig­end“, heißt es auch vom Salzburger Land Tourismus. Anlässlich des Jubiläums gibt es rund 600 Veranstalt­ungen – unter anderem die auf neun Orte verteilte Landesauss­tellung oder das Musical „Meine Stille Nacht“, das Ende November in der Felsenreit­schule uraufgefüh­rt wird. Ein prominent besetztes interrelig­iöses Friedensge­bet am 17. November in Oberndorf soll auf die Stille Nacht als „Friedensli­ed“fokussiere­n. Mohrs Text zeige, „dass es nicht der menschlich­en Bestimmung entspricht, untereinan­der getrennt und verfeindet zu leben“. Apropos Religion: Der Papst hat die Einladung Landeschef­s Wilfried Haslauers, zum Jubiläum nach Salzburg zu kommen, ausgeschla­gen. Weil der Touristena­ndrang sowieso schon enorm ist, sind manche Einheimisc­he darüber aber gar nicht so traurig.

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