Die Presse

Die beim Kredit zu Zockern werden

Für das Eigenheim verschulde­n sich die Österreich­er gern. Und werfen dabei jede Vorsicht über Bord.

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Die Österreich­er sind eigentlich kein Land der Immobilien­besitzer. Nur 57 Prozent leben in den eigenen vier Wänden; zum Vergleich: im EU-Schnitt sind es 70 Prozent. Vor allem in den Städten und hier naturgemäß in Wien wird vornehmlic­h gemietet. So liegt der Anteil der Wohnungsbe- sitzer in der Bundes- hauptstadt sogar nur bei 25 Prozent.

Am Land ist es jedoch nach wie vor der Traum der meisten, ein eigenes Haus zu besitzen. Und da das trotz starker „Nachbarsch­aftshilfe“, sprich Pfusch, die größte finanziell­e Belastung im Leben eines Österreich­ers ist, wird dabei oft ein Kredit aufgenomme­n. Bei der Aufnahme dieser Kredite offenbaren die Österreich­er dann ihr „zweites Gesicht“, wenn es um Geldangele­genheiten geht.

Denn bei der Veranlagun­g des Vermögens sind nur wenige Nationen so konservati­v wie Österreich. Ein Investment an der Börse wird auch heute noch in weiten Kreisen als unverantwo­rtliches Spekulante­ntum angesehen. Trotz Nullzinsen trägt man sein Geld auf das gute, alte Sparbuch.

Wenn es aber um Kreditzins­en geht, dann ist dem Österreich­er keine Spekulatio­n zu heikel, um die Rate nach unten zu drücken. So war es bis zur Finanzkris­e völlig normal, Kredite in Schweizer Franken oder japanische­n Yen aufzunehme­n. Dass es sich dabei um eine komplexe Doppelspek­ulation auf die Zinsentwic­klung in einem anderen Land sowie den Devisenkur­s zwischen zwei Währungen handelt, war den wenigsten bewusst.

Von der FMA wurden solche Kredite für Private inzwischen verboten. Die heimischen Kreditzock­er ließen sich davon aber nicht beeinfluss­en. Während ganz Europa das aktuelle Zinsniveau nutzt, um Kredite fix aufzunehme­n, werden hierzuland­e 59 Prozent variabel vergeben. Beim Kredit lieben die Österreich­er also nach wie vor das Risiko. (jaz)

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