Ein Stiller im Lärm des Kunstbetriebs
Zur 90. Wiederkehr seines Geburtstags widmet die Kremser Galerie Kopriva Johann Fruhmann (1928–1985) eine Retrospektive und eine Sonderpräsentation auf der Art & Antique in der Hofburg.
Der Jahrgang 1928 ist für die Kunstwelt ein guter. Ihm gehören internationale Stars an, von Yves Klein, Cy Twombly, Helen Frankenthaler über Andy Warhol, Robert Indiana bis zu Donald Judd, Sol LeWitt, Arman oder Otto Piene. Dazu kommen prominente österreichische Künstler wie Alfred Hrdlicka, Friedensreich Hundertwasser, Wolfgang Hutter – und eben Johann Fruhmann: Der gebürtige Kärntner übersiedelt als Kind nach Graz und besuchte dort von 1943 bis 1948 die Kunstgewerbeschule, wo der Sezessionist Alfred Wickenburg zu seinem Lehrer und Mentor wurde. Hier fasste er auch den Entschluss, Kunstmaler zu werden. 1948/49 folgte ein Jahr an der Wiener Akademie am Schillerplatz als Meisterschüler von Andersen und Gütersloh.
Blickt man auf die Anfangsjahre von Fruhmanns künstlerischer Laufbahn zurück, darf man ihn nach heutigen Maßstäben durchaus als Shootingstar bezeichnen. Maßgebliche zeitgenössische Kritiker – darunter Peter Baum, Alfred Schmeller, Kristian Sotriffer – widmeten ihm teilweise geradezu hymnische Rezensionen. Eine Retrospektive im Leopold-Museum rief sein Werk 2006 in Erinnerung. Dennoch ist Johann Fruhmann, dessen Nachlass von der Kremser Galerie Kopriva betreut wird, auf dem Kunstmarkt – verglichen mit vielen seiner bekannteren Künstlerkollegen – immer noch ein Geheimtipp, so unauflöslich sein Name auch mit der österreichischen Kunstgeschichte und Abstraktion des 20. Jahrhunderts verknüpft ist.
Kaum der Akademie entwachsen, wurde der 23-Jährige in den Art Club aufgenommen – die Avantgardevereinigung par excellence im Wien der Nachkriegsjahre. Es dauerte nicht lang, bis er sich in der Galerie des Art Club, dem Strohkoffer, mit seiner ersten Einzelausstellung präsentieren konnte. Aus der Tradition der Konkreten Kunst und Geometrischen Abstraktion heraus beschäftigt sich Fruhmann in diesen Jahren mit subtil abgestimmten, teilweise lasierenden winkeligen Farbkompositionen, für die er etwa Öl auf Papiergewebe oder Hartfaserplatten aufträgt, ebenso mit Drahtkompositionen. 1954 wird er bereits zu internationalen Ausstellungen eingeladen. Die wichtigste davon ist die XXVII. Venedig-Biennale, zu der Kommissär Josef Hoffmann den gesamten Art Club eingeladen hat. Es folgen öffentliche Aufträge, 1957 realisiert er das Mosaik „Ornamentaler Fries“in der Wiener Stadthalle, 1964 ein Glasmosaik für den österreichischen Pavillon an der Weltausstellung in New York, 1967 Lichtsäulen für die Weltausstellung in Montreal.
Über den Art Club lernt Johann Fruhmann auch die Künstlerin Christa Hauer kennen, die Tochter des Malers Leopold Hauer. Einige Jahre später werden die beiden heiraten. Unter dem Eindruck ihres Amerika-Aufenthalts – Christa Hauer lebte von 1953 bis 1959 vorwiegend in Chicago – wird sie nach der Rückkehr zusammen mit Fruhmann 1960 die legendäre Galerie im Griechenbeisl gründen, nicht zuletzt, um die nach der Auflösung des Art Clubs 1959 entstandene Lücke im Wiener Kunstbetrieb zu füllen. In den elf Jahren ihres Bestehens wurde die Galerie als frühe Form der Produzentengalerie auch für Fruhmann zu einer wichtigen Plattform.
Seinen typischen malerischen und koloristischen Gestus entwickelt Johann Fruhmann ab Mitte der 1950er-Jahre. Seine Bildsprache wird weicher, die vormals kan- tigen Flächen weichen Rundungen, Bögen, zungenförmigen Gebilden, die er rund um eine freie Mitte anordnet – ein Vokabular, auf das er in seinem späteren Schaffen zurückkommen wird. In dieser Phase hält auch ein kontemplatives Moment Einzug. Peter Baum beschreibt Fruhmanns Entwicklung als spiralförmig: „Es gehört zu den Eigenheiten in der Entwicklung des Künstlers, dass diese in Spiralen verläuft und in neueren Abschnitten immer wieder auf frühere Erkenntnisse zurückgreift.“
Die wohl prägendste Phase waren die Jahre 1961 bis 1968. Mit dem Beginn von Hauers und Fruhmanns Galerietätigkeit im Griechenbeisl als wichtige Kraft neben der Galerie Würthle und der Gale- rie St. Stephan sowie der Eröffnung des Museums des 20. Jahrhunderts 1962 im Schweizergarten setzt auch in Wien eine vorsichtiger Prozess der Internationalisierung ein, ein Klima des Aufbruchs wird spürbar. Johann Fruhmanns Werke aus dieser Zeit zeigen eine Nähe zu internationalen Strömungen wie Informel und abstraktem Expressionismus. Markant ist die Ausarbeitung einer fast kalligrafisch anmutenden flirrenden Pinselsprache, die er in vertikalen Bahnen, Gräten oder Strichbündeln um ein intensiv–farbiges Zentrum legt. Doch auch die Geometrie gibt Fruhmann nicht auf. Schon ab 1967 lässt er die tänzelnde Gelöstheit der Pinselzeichnung und eine geometrische Grundstruktur aufeinandertreffen – eine Kompositionspraxis, die sich in den 1970er-Jahren verfestigt und zugunsten der Geometrie verschiebt. Das Großformat „Für Alfred Wickenburg“(1968–1972) belegt diese Wende. Um die Zeit entdeckt Fruhmann auch Dispersion als Malfarbe, dessen trockene Haptik ihm entgegenkommt. Er verwendet sie erst im Verbund mit Öl, später mehr und mehr isoliert. Ab 1981 wird Fruhmanns Malerei zunehmend heller und leichter. Die Linie gewinnt sowohl als malerisches wie farbiges zeichnerisches Element an Bedeutung. Bisweilen muten die Bilder wie Kreidearbeiten an.
Art & Antique in der Wiener Hofburg, 9. bis 18. November; Galerie Kopriva Krems vom 21. November bis 7. Dezember.