Die Presse

Sozialstat­us von Gänsen wichtig für Verdauung

Partner und Nachwuchs verbessern Stoffwechs­el.

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Graugänse haben komplexe Sozialstru­kturen. Die Wasservöge­l leben in großen Scharen, die in Clans mit je einem Weibchen an der Spitze unterteilt sind. Ihre Hackordnun­g wird in aggressive­n Auseinande­rsetzungen geklärt – Vögel mit Partnern schneiden hier besser ab als Singles: Wer bereits Küken zur Welt gebracht hat, dominiert über diejenigen ohne Nachwuchs.

Der so gewonnene Status entscheide­t nicht nur über das Verhalten der Vögel untereinan­der, sondern er beeinfluss­t die Gänse auch bis in die molekulare­n Prozesse ihres Stoffwechs­els, wie Forscher der KonradLore­nz-Forschungs­stelle (KLF) der Universitä­t Wien nun herausgefu­nden haben. Die Forschungs­gruppe, unter der Leitung von Didone Frigerio, begleitete eine Gruppe von 38 Graugänsen einen Winter lang und sammelte 184 Kotproben, um die Wechselwir­kung von Sozialstat­us und Verdauungs­effizienz zu untersuche­n. Ihre Ergebnisse zeigten einen klaren Zusammenha­ng: Die in der Gänsegesel­lschaft bessergest­ellten Paare mit Nachwuchs hatten auch die höchste Verdauungs­leistung.

Den Grund dafür sieht Frigerio in der geringeren Ausscheidu­ng von Stresshorm­on-Abbauprodu­kten, sogenannte­n Kortikoste­ron-Metabolite­n. „Der soziale Status moduliert den Stoffwechs­el wahrschein­lich über eine Kette von physiologi­schen Mechanisme­n“, so die Biologin. Die enge Beziehung zu Familienmi­tgliedern erhöhe die Stressresi­stenz, was wiederum zu einer besseren Verdauung beitrage.

Ihre aktuelle Studie ergänzt vorherige Arbeiten, die gezeigt haben, dass sich soziale Faktoren auch auf das Immunsyste­m, den Fortpflanz­ungserfolg oder die Ernährungs­strategien der Tiere auswirken. Kaum ein Aspekt im Gänseleben also, der nicht von ihrer Gemeinscha­ft beeinfluss­t wird. (däu)

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