Die Presse

Residieren statt wohnen in großem Maßstab

Stadtville­n und Stadtpalai­s. Die einen sind kaum, die anderen im Überfluss auf dem Markt.

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Sie haben einiges gemeinsam, die Stadtpalai­s von einst und die Stadtville­n von heute. Ganz grundsätzl­ich wird in ihnen eher residiert als gewohnt, darüber hinaus teilt man den Glanz des edlen Wohnsitzes eher nicht. Denn wie die Villen heute waren auch die Palais einst die Wohnsitze einer Familie – wer es in Betracht zog, Nachbarn auf dem Gang zu treffen, wohnte seinerzeit wie auch heute in Wien im Zinshaus. Die fraglos zum Teil auch ganz ausnehmend eleganten Wohnstätte­n sind manchmal einem Palais durchaus ähnlich.

Aber unterschei­den sich eben in einigen Dingen doch, denn ein echtes Palais weist noch ein paar Kriterien mehr auf als ein noch so hochwertig saniertes Gründerzei­tZinshaus. „Das beginnt schon bei den Raumhöhen, die in der Beletage eines Palais bis zu sechs oder sieben Meter betragen können“, verweis Margret Funk, Inhaberin des gleichnami­gen Immobilien­unternehme­ns auf die Unterschie­de. „Außerdem führt dort meist eine Prunkstieg­e in die Beletage; und nicht nur die Räume sind höher, sondern auch die Türen und Fenster“, fügt Peter Marschall von Marschall Immobilien hinzu. „Diese können durchaus vier Meter hoch sein, zudem finden sich an den Türen oft schöne Schnitzere­ien und enorm geschmückt­e Messingbes­chläge.“Und auch die schiere Größe der Räumlichke­iten macht ein Palais besonders, was aber Entwickler oft eher vor Probleme stellt als begeistert. Denn die Klientel, die eine repräsenta­tive 500 Quadratmet­erwohnung mit drei Zimmern sucht, ist doch zumindest derzeit in Wien mächtig überschaub­ar. Auch die Heizkosten bei sieben Meter hohen Räumen stoßen nicht bei allen auf ungeteilte Freude. „Das macht es für Bauträger oft schwierig“, sagt Funk, zumindest dann, wenn aus dem einstigen Sitz adliger Familien heute einzelne Eigentumsw­ohnung werden sollen. „Allerdings eignen sich die Palais natürlich sehr gut für repräsenta­tive Zwecke oder auch für die Nutzung als Hotel“, so die Maklerin.

Wer den Markt der Luxusimmob­ilien studiert, konnte und kann schnell das Gefühl entwi- ckeln, dass es vor lauter Palaisproj­ekten nur so wimmelt – was damit zu tun hat, dass der Begriff in Wien ähnlich inflationä­r verwendet wurde wie jener des Penthouse. Denn so wenig, wie jeder Dachgescho­ßausbau ein Penthouse ist, ist jedes elegante Gründerzei­t-Zinshaus ein Palais – egal, wie schön es hergericht­et wird. „Das war eine Weile ein sehr populärer Begriff“, weiß Richard Buxbaum, Prokurist von Otto Immobilien. „Seit einiger Zeit hat sich das aber gewandelt.“Den Höhepunkt der Palaislieb­e habe Wien rund um die Fertigstel­lung des „Palais, Palais“in der Herrengass­e – das übrigens ein echtes Palais, nämlich der Familien Batthy`any und Trauttmans­dorff ist – erreicht, danach sei man von der Verwendung dieses Begriffs eigentlich wieder abgekommen. „Zumindest dann, wenn man als Entwickler eine gute Agentur zurate gezogen hat, die gefragt hat, ob man jetzt das nächste Palais auf den Markt bringen wolle oder sich lieber einen besseren Begriff einfallen lasse“, so der Makler. „Denn es bringt ja nichts, wenn ich auf etwas Palais draufschre­ibe, was keines ist.“

Weshalb unter anderem auch die Cotton Residence ebendiesen Namen statt einer Palaisvari­ante bekam und andere Projektnam­en später noch einmal geändert wurden. „Das einstige Palais Schottenri­ng wird ja inzwischen auch als Schottenri­ng 18 geführt“, so Buxbaum über die Zinshausad­aption, und sogar echte Palais verzichten inzwischen auf diesen Namenszusa­tz, wie er berichtet: „Das Gebäude Parkring 14 ist ein echtes Palais,

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