Mozartkantilenen, so surreal schön wie sanfte Seifenblasen
Das Belcea-Quartett hat mittlerweile schwindelerregende Höhen erreicht.
Späte Werke präsentierte das BelceaQuartett im Mozartsaal: Das B-Dur-Quartett aus Mozarts Preußischen Quartetten und Mendelssohns Opus 80, ein zerklüftetes Epitaph auf die früh verstorbene Schwester, umrahmten Bartoks´ Sechstes, ein zuweilen zynisch eingefärbtes Werk des Abschieds, am Vorabend des Zweiten Weltkriegs und der Emigration.
Die Belceas haben eine schwindelerregende Höhe musikalischer Perfektion erreicht, in der die Mozart-Kantilenen wie sanfte Seifenblasen zu unwirklich schönen, duftigen Klangereignissen werden. Zugleich verstehen es die Musiker, Spannungen aufzubauen und Mozarts formale Kühnheiten hinter der klassisch-ebenmäßig wirkenden Maske aufzuspüren. In KV 589 absolvieren die musikalischen Gedanken ja sogar im Menuett die erstaunlichsten Bocksprünge. Doch der Hörer läuft nicht Gefahr, den Faden zu verlieren, denn das Belcea-Quartett erzählt die Geschichte mit den einfühlsamsten Betonungen und raffiniertesten rhetorischen Tricks, scheinen aber hie und da selbst zu lauschen, wohin die improvisatorische Geste des Solisten führen könnte. Diese Hochseilvariante kammermusikalischer Interpretationskunst ohne Netz fesselt den Hörer, gleich, was er von den stilistischen Vorgaben halten mag.
Mehr noch sogar bei Bartok:´ Eine präzisere, gleichzeitig freier atmende Wiedergabe ist nicht denkbar. Die Belceas wechseln Dynamik und Farbwerte oft in Sekundenbruchteilen, gestikulieren in den „mahlerischen“Grotesken der Mittelsätze mit theatralischer Lust, um die Musik zuletzt in melancholisch-zauberische Totenstille verschweben zu lassen: atemberaubend! (sin)