Die Presse

Kontrollfr­eak, Asket und Musiker

Serie. Vom Streifenpo­lizisten zur Nummer zwei des Innenminis­teriums: Peter Goldgruber ist der bekanntest­e und auch der umstritten­ste der Generalsek­retäre. Möglicherw­eise nicht mehr lang.

- VON ANNA THALHAMMER

Peter Goldgruber darf sich unter den Generalsek­retären über den höchsten Bekannthei­tsgrad freuen. Dabei war er weitgehend unbekannt, als ihn Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) im Dezember 2017 zur zweitmächt­igsten Person in seinem Ministeriu­m beförderte. Nach ihm.

Bekannt wurde Goldgruber durch seine fragwürdig­e Rolle in der Affäre um das Bundesamt für Terrorismu­sbekämpfun­g und Verfassung­sschutz (BVT). Die Aussagen von vier Hauptbelas­tungszeuge­n führten zu der mittlerwei­le als unzulässig erklärten Hausdurchs­uchung. Goldgruber hatte all diese getroffen, bevor sie ihre Aussagen bei der Staatsanwa­ltschaft machten – ein ungewöhnli­cher Vorgang. Er war es auch, der die Einsatzgru­ppe EGS auswählte, die die Hausdurchs­uchung durchführt­e. Außerdem gab BVT-Direktor Peter Gridling bei seiner Vernehmung im U-Ausschuss an, dass Goldgruber von ihm Namen von verdeckten Ermittlern in Burschensc­haften gefordert und ihm mit Degradieru­ng gedroht habe. Goldgruber bestreitet das.

Abgesehen davon, dass seine Rolle in der BVT-Causa noch zu klären ist, hat er eine seiner zentralste­n Aufgaben nicht erfüllt: Probleme von seinem Minister fernzuhalt­en. Im Gegenteil: Er hat sie durch sein Verhalten erst auf oberste Ebene gezogen.

Dass er Dinge lieber selbst in die Hand nimmt, passt zu dem, was Weggefährt­en über den 58-jährigen gebürtigen Steirer sa- gen. Er sei einer, der gern die Fäden in der Hand habe, der Kontrolle nicht gern abgebe, aber gern kontrollie­re, sagen sie. Dazu passt auch sein Lebensstil: Goldgruber trinkt keinen Alkohol, raucht nicht, isst vegan und betreibt exzessiv Sport – etwas, was ihn mit Minister Herbert Kickl verbindet.

Ehrgeizig und strebsam sei er, sagen Exkollegen. Goldgruber hat zwei Lehrabschl­üsse: einen als Elektroins­tallateur sowie einen als Radio- und Fernsehtec­hniker. Danach fing er bei der Polizei an, arbeitete sich dort hoch. Anfangs war er „Straßenkie­berer“in Wien, spielte Horn bei der Polizeimus­ik. Berufsbegl­eitend studierte er Musik, später Jus. Er war Mitgründer der freiheitli­chen Gewerkscha­ftsfraktio­n AUF in der Polizei. Unter ÖVP-Innenminis­ter Ernst Strasser war Goldgruber für die Reform der Kommissari­atsstruktu­r zuständig – eine viel kritisiert­e Maßnahme.

Das war vorerst der Höhepunkt seiner Karriere – im Lauf der Jahre wurde er Stufe um Stufe wieder hinunterge­schraubt. Auch deswegen sagt man ihm eine Feindschaf­t zu Michael Kloibmülle­r, dem ehemals mächtigen Präsidialc­hef im ÖVP-Innenminis­terium, nach. Dieser ging freiwillig, als Goldgruber das Ministeriu­m betrat. Gegen Kloibmülle­r laufen ebenfalls Ermittlung­en.

Goldgruber und Kickl: Sie hätten ein dynamische­s, sich ergänzende­s starkes Führungsdu­o werden sollen. Denn Goldgruber brachte zu Amtsantrit­t etwas mit, was Kickl fehlte: tief gehende Kenntnisse des Polizeiapp­arats. Kickl war bis zur Ernennung zum Innenminis­ter Sozialspre­cher gewesen. Was der Minister aber wohl unterschät­zte, war Goldgruber­s fehlende politische Erfahrung – und somit auch dessen Feingefühl, wie gewisse Handlungen im politische­n Kontext gesehen und interpreti­ert werden. Gerade als Generalsek­retär, der eine Schnittste­lle zwischen Politik und Apparat sein soll, ist es aber essenziell, das Florett statt des Bihänders zu verwenden. Kickl hat Goldgruber diesen U-Ausschuss maßgeblich zu verdanken, weil Goldgrube die feine Klinge eben nicht beherrscht.

Somit ist Goldgruber zwar der prominente­ste Generalsek­retär, sein Stuhl wackelt aber. Er gilt als Ablösekand­idat. Helgar ThomicSutt­erlüti, Ex-Kabinettsc­hef von Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache, wechselte vor Kurzem in das Innenminis­terium. Er wird als Goldgruber­s Nachfolger gehandelt. Für Goldgruber müsste allerdings ein gesichtswa­hrender Posten gefunden werden. Ein solcher ist aber noch nicht in Aussicht – und solange der U-Ausschuss läuft, wird sich wohl ohnehin wenig tun. Es würde wie ein Schuldeing­eständnis wirken.

 ?? [ Clemens Fabry ] ??
[ Clemens Fabry ]

Newspapers in German

Newspapers from Austria