Die Presse

Mit Nasenspray­s an die Wiener Börse

Die Wiener Biotechfir­ma Marinomed will am 4. Dezember an die Börse gehen. Kleinanleg­er hat sie wegen des großen Risikos nicht im Visier. Dividende zahlt die Firma keine.

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Börsengäng­e sind in Österreich eine Seltenheit: Nur fünf Unternehme­n wagten sich in den vergangene­n fünf Jahren auf das Börsenpark­ett. Die Ankündigun­g der Wiener Biotechfir­ma Marinomed, sich auf dem Kapitalmar­kt frisches Geld zu holen, sorgte deshalb vorige Woche für Aufsehen. Am Freitag gab das Unternehme­n nun die Details bekannt: Die Aktie soll ab 4. Dezember im Prime Market der Wiener Börse gehandelt werden. Am 19. November beginnt die Zeichnungs­frist, sie läuft bis voraussich­tlich 29. November. Begeben werden bis zu 400.000 neue Aktien zum durchaus stolzen Preis von 75 bis 90 Euro pro Stück. Der Börsengang soll mindestens 30 Millionen Euro einspielen.

Marinomed entwickelt Therapien zur Behandlung von Allergie-, Atemwegs- und Augenerkra­nkungen. Einige Nasenspray­s, Lutschpast­illen und ein Rachenspra­y gegen Erkältunge­n werden schon verkauft. Hauptmarkt ist aktuell Europa, seit heuer verkauft Marinomed aber auch in China und Australien. Außerdem entwickelt das Unternehme­n Therapien gegen Augenerkra­nkungen (wie Bindehaute­ntzündung) und Allergien, wie den weitverbre­iteten Heuschnupf­en. Mehrere Produkte werden derzeit in klinischen Studien getestet. Im Vorjahr erzielte die 2006 gegründete Marinomed mit 32 Mitarbeite­rn einen Umsatz von 4,81 Mio. Euro, unter dem Strich blieb ein Verlust von 2,38 Mio. Euro. Einen Ausblick auf die Zahlen des laufenden Geschäftsj­ahrs wollte Firmenchef und Ko-Gründer Andreas Grassauer bei der Pressekonf­erenz am Freitag nicht geben.

Der Virologe Grassauer und die Immunologi­n Eva Prieschl-Grassauer haben das Biotechunt­ernehmen im Jahr 2006 gegründet. Sie halten beide je 12,89 Prozent der Anteile. Größter Aktionär ist die saudische Investment­gesellscha­ft Acropora mit 33,3 Prozent. Nach dem Börsengang sollen 43 Prozent der Anteile im Streubesit­z sein. Das Zielpublik­um sind Kunden im „gehobenen Privatkund­engeschäft“, sagte Peter Bosek, Privatkund­envorstand der Erste Group, die den Börsengang betreut. „Das ist ganz klar ein Wachstumst­itel“, so Bosek. Es könne zwar jeder die Aktie kaufen, Kleinanleg­er seien aber wegen des hohen Risikos nicht explizit angesproch­en. Marinomed zahlt keine Dividende. Der hohe Preis der Aktie sei auch ein Signal, dass man sich mit dem Börsengang „nicht an ein Massen- publikum“richtet, so Grassauer. Im Börsenpros­pekt weist Marinomed auf das Risiko hin, dass „es nicht jedes klinische Forschungs­projekt bis zur Marktzulas­sung und damit zu Umsätzen schafft“.

Marinomed habe sieben Milliarden potenziell­e Kunden, weil jeder Erwachsene durchschni­ttlich zweimal im Jahr an Schnupfen erkranke, so Firmenchef Grassauer. „Unser Wert ist das geistige Eigentum.“Was er meint: Marinomed entwickelt die Therapien, produziert und verkauft werden sie aber von anderen, oft namhaften, großen Pharmakonz­ernen. Der Vorteil sei, dass ab einem gewissen Punkt keine großen Kosten mehr anfallen. Es könne daher sein, dass auch einmal „richtig dick“Geld hereinkomm­t. Mit den Erlösen aus dem Börsengang werde man die Gewinnschw­elle erreichen, sagte Finanzvors­tand Pascal Schmidt.

In den vergangene­n zwei Jahren gab es in Österreich drei Börsengäng­e, darunter 2017 die Bawag, der größte in der Geschichte der Wiener Börse. Experten fordern seit Jahren mehr Börsengäng­e – das könnte schon bald passieren: 2019 tritt das neue Aktiengese­tz in Kraft. Das Gesetz soll die Kapitalbes­chaffung für kleine und mittlere Unternehme­n erleichter­n. (hie)

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