Die Presse

Neue Serien: Hexen, Bomben und alte Grantler

Streamingt­ipps. Der Macher der „Big Bang Theory“schickt Michael Douglas zum Urologen, Lena Dunham ein paar Mittvierzi­ger zum Zelten, ein Teenager bekommt es mit Satan zu tun und ein Polizist mit viel Sprengstof­f: Serien-Empfehlung­en.

-

Ein kurzer Ausflug ins Fernsehen der späten 1990er: Da war doch die Teenager-Hexe Sabrina, die mit ihrem Kater sprach und mit ihrem fliegenden Staubsauge­r (!) durch die Atmosphäre düste. Da war die Vampirjäge­rin Buffy, die typischen (Schulhölle) und eher untypische­n (Cyborg-Dämonen) Jugendprob­lemen ausgesetzt war. Und da waren die „Charmed“Schwestern, die auf ihrem Dachboden händehalte­nd Zaubersprü­che murmelten. Der jüngste Netflix-Hit ist zwar eine Art Reboot der „Sabrina“-Sitcom (genau genommen sind beides Comic- Adaptionen), erinnert aber ästhetisch wie inhaltlich eher an die anderen beiden Beispiele. Auf Albernheit­en wurde verzichtet, dafür geht es hier düster zu. Die rechtschaf­fene Halbhexe Sabrina (Kiernan Shipka) soll an ihrem 16. Geburtstag alle Beziehunge­n zur Sterbliche­nwelt kappen und sich der Familiense­kte anschließe­n, Satan persönlich ist an ihren Diensten interessie­rt. Die Dämonen hier sind vergnüglic­h trashig, die Hexenritua­le ziemlich makaber, die Lehren der „Church of Night“furchtbar dogmatisch; dazwischen geht’s um familiäre Pflichten, Gewissensf­ragen, auch weibliche Ermächtigu­ng: Man könnte das als moderne Moraldebat­te im schauerrom­antischen Gewand sehen. Auf jeden Fall ist es ein großer Spaß. (kanu) Schon in der ersten Folge wird nicht lang gefackelt: Gerade noch betrachtet Polizist David Budd im Zug nach London seine schlafende­n Kinder, da steht er schon einer Islamistin mit Sprengstof­fweste gegenüber. Er sei genauso nervös wie sie, sagt er, aber man kauft es ihm nicht ab. Hochprofes­sionell rettet er den ganzen Zug – und die Attentäter­in gleich mit. Gefeiert wird der Ex-Soldat dafür nicht, aber befördert: Als Personensc­hützer des Londoner Metropolit­an Police Service teilt man ihn der ehrgeizige­n Innenminis­terin Julia Montague zu. Von seiner posttrauma­tischen Belastungs­störung weiß da freilich niemand etwas. „Bodyguard“ist spannend, in quasi jeder Folge droht eine Bombe zu explodiere­n. Beim Schauen wechselt man unweigerli­ch mehrmals die Seiten. Lücken in der Logik muss man allerdings akzeptiere­n. (rovi) Nach dem Ende von „Girls“wurde Lena Dunhams Nachfolgep­rojekt sehnsüchti­g erwartet – doch die Geschichte von der kontrollwü­tigen Kathryn, die ihrem Mann zum 45. Geburtstag einen Campingaus­flug schenkt, enttäuscht­e die Kritik. Wer will schon achtmal 30 Minuten einer Hysteriker­in (angemessen unerträgli­ch: Jennifer Garner) dabei zusehen, wie sie alle in den Wahnsinn treibt? Doch das Urteil war voreilig: Nach der ersten Folge entwickelt „Camping“Charme und auch politische­n Witz, vor allem, weil klar wird, dass hier so ziemlich jeder einen egozentris­chen Knall hat: Die selbst ernannte Reiki-Heilerin, die so tut, als sei sie wach geblieben, um dem Mond zu huldigen, dabei kann sie vor lauter Ärger nur nicht schlafen. Der Freund, der so stolz auf sich selbst ist, weil er eine schwarze Frau hat. Am sympathisc­hsten ist da noch der politisch unkorrekte Polterer in der Runde. Wer sich in keiner der Figuren wiederfind­et, ist selber schuld. (best) An der Eliteschul­e sind reiche Töchter und Söhne unter sich – bis drei arme Stipendiat­en kommen: Samuel (er hat einen kriminelle­n Bruder), Christian (er will einflussre­iche Freunde) und die Muslimin Nadia bringen das Gefüge zwischen den Nobel-Kids aus dem Lot. Ein unterkühlt­er Highschool­Krimi über Sex, Religion, Freundscha­ft, Homosexual­ität, Intrigen, HIV – und einen Mord. (i. w.) Die neue Serie des „King of Sitcoms“, Chuck Lorre, kommt ohne Lachspur aus – und teilt gleich zu Beginn gegen Lorres frühere Kreationen aus: So ein Blödsinn wie „The Big Bang Theory“sei doch nichts für einen großen Schauspiel­er wie Sandy Kominsky (Michael Douglas), erklärt ihm sein Langzeitag­ent Norman Newlander (Alan Arkin). Nicht dass der bedeutungs­los gewordene Star solche Rollen überhaupt bekommen würde: Er hält an altem Ruhm fest, indem er den Studenten seiner Schauspiel­schule von besseren Zeiten erzählt und sein eigenes Altern demonstrat­iv leugnet. Der dauergrant­elnde Norman führt inzwischen imaginäre Gespräche mit seiner dem Krebs erlegenen Frau.

Beide schließt man trotz Eitelkeit und Griesgram ins Herz: „The Kominksy Method“blickt liebevoll auf das mehr oder weniger würdevoll alternde Hollywood, ohne sich selbst ernst zu nehmen oder tiefgründi­g werden zu wollen. Komik bezieht die Show eher aus ihrer Tragik als aus Witzen; diese drehen sich vor allem um Sandys Prostata, was schnell ermüdend wirkt – aber immerhin geben sie Anlass für einen irrwitzige­n Auftritt von Danny DeVito als Urologe. Auch viele andere Altstars geben sich die Ehre: herzig! (kanu)

 ?? [ Netflix ] ??
[ Netflix ]

Newspapers in German

Newspapers from Austria