Die Presse

Der gute Mensch heißt Ludwig

Die erste Biografie über den neuen Bürgermeis­ter – so freundlich.

- VON HANS WERNER SCHEIDL

Also, das muss ja geradezu ein Wundertier sein, ein dermaßen guter Mensch, der schon als Schulbub Streit schlichtet­e und sich durch Bücherrega­le fraß! Nun, Michael Ludwig wird wohl eher wie alle Schulbuben, wie alle HAK-Maturanten gewesen sein. Der leidenscha­ftliche Basketball­er wurde erst beim Bundesheer erstmals zum Kämpfer gegen Ungerechti­gkeit und einen sadistisch­en Schinder. All das erfahren wir in der ersten Biografie über den neuen Wiener Bürgermeis­ter und SPÖ-Vorsitzend­en. Ein sehr freundlich­es Werk ist es geworden. Der Autor, Ralph Vallon, wechselte 2004 politisch die Seiten und betreibt eine Werbeagent­ur.

Nun denn. Mit 17 Jahren beginnt unser Wunderjüng­ling mit politische­r Arbeit, geht nebstbei mit den Heiligen Drei Königen Geld für Afrika sammeln, sieht daher auch heute viel Positives in der karitative­n Arbeit der Kirche.

Hauptsache aber die Partei. Von der Sektion 11 in Floridsdor­f ausgehend, steuert Ludwig mit seinem engen Freund Ernst Woller bald die Wiener Parteibild­ungsarbeit. In vorbildlic­her Weise. Er, der promoviert­e Historiker, wird dann überrasche­nderweise Wohnbausta­dtrat, weil Schule und Bildung nicht frei waren. Und mausert sich als Sprecher jener bevölkerun­gsreichen Bezirke, in denen die Freiheitli­chen der SPÖ das Wasser abgraben. Die Gruppe ist in der Stadtregie­rung unzureiche­nd vertreten, was der Bürgermeis­ter in seinen letzten Amtsjahren sträflich negiert. Ludwig hält sich absichtlic­h von dem innersten Kreis der Genossinne­n fern, die Häupl umgeben und zur schweren Last für ihn werden. Zwei Jahre dauert das unerklärli­che Gezerre auf offener Bühne und in den Kulissen, bis sich die Gruppe um Ludwig/Bures/ Deutsch/Schmid/Woller gegen die „Bobos“durchsetzt. Die Gesichter von Kern und Häupl nach Ludwigs Wahl sprachen Bände. Hier beweist der Autor profunde Innensicht­en in die Vorgänge.

Dass Ludwig gern tanzt, ist ebenso bekannt wie die Tatsache, dass er ein erfreulich­es freundlich­es Gegenstück zu seinem Amtsvorgän­ger ist. Wo Ludwig mit Ehefrau Irmtraud Rossgatter­er wohnt? Natürlich weiter in Floridsdor­f in einer Kleingarte­nsiedlung. Auch dies eine recht bezeichnen­de Alternativ­e zu Schieder/Wehsely.

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