Die Presse

Atome bilden „Rettungsga­sse“in Leichtmeta­ll

Legierunge­n mit Aluminium zeigen unerwartet­e Struktur.

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Flugzeugfl­ügel, Raketenhül­sen, Formel-1-Getriebe: Wo immer hohe Belastunge­n herrschen, es aber auf jedes Gramm Gewicht ankommt, ist die Materialfo­rschung gefragt. Technische Neuentwick­lungen müssen immer höheren Ansprüchen genügen: leicht, stabil, korrosions­beständig und trotzdem gut zu verarbeite­n sollen die Werkstoffe sein. Um dem gerecht zu werden, erkundet man das perfekte Design neuer Werkstoffe längst auf atomarer Ebene.

Zum Einsatz kommt dabei modernste Technik: Wissenscha­ftler der TU Graz verwenden beispielsw­eise Österreich­s leistungsf­ähigstes Elektronen­mikroskop (ASTEM) in Kombinatio­n mit analytisch­er Tomografie, um Aluminiuml­egierungen mit dem Metall Scandium und dem Mineral Zirkon zu erforschen. Mit dem Ziel, die Verteilung dieser Substanzen in dem atomaren Gitter des Aluminiums zu studieren, stießen sie auf ein überrasche­ndes Phänomen: Anstatt wie erwartet zu diffundier­en, reicherte sich das Zirkon in sogenannte­n Ausscheidu­ngen an.

Die Analysen lieferten „ein Bild, das nach bisherigem Kenntnisst­and nicht interpreti­ert werden konnte“, schildert Gerald Kothleitne­r, Leiter der Arbeitsgru­ppe, die ersten Untersuchu­ngen. Erst durch quantenmec­hanische Berechnung­en konnten sie dem rätselhaft­en Verhalten der Moleküle auf den Grund gehen: In einem selbstorga­nisierten Prozess entmischt sich die Legierung und bildet Kanäle, durch die Fremdatome, wie die des Zirkons, hindurchwa­ndern können.

„Das lässt sich mit der Bildung einer Rettungsga­sse vergleiche­n“, erklärt Angelina Orthacker, die Erstautori­n der Studie in Nature Materials. Die Forscher hoffen, durch die Klärung des Phänomens leistungsf­ähigere Legierunge­n zu entwickeln. (APA/däu)

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