Die Presse

Es war einmal ein Halleiner Straßenlär­mproblem . . .

Experten des Forschungs­bereichs Smart Building & Smart Cities der Fachhochsc­hule Salzburg begleiten die Sanierung der in die Jahre gekommenen Burgfrieds­iedlung in der Stadt Hallein. Ein Ziel: Es soll leiser werden. Möglich macht das eine Fassade, die den

- VON CLAUDIA LAGLER

Als 1945 in der Halleiner Burgfrieds­iedlung die ersten Mehrpartei­enhäuser an der Salzachtal Bundesstra­ße errichtet wurden, war der Verkehr noch kein Problem. Heute rauschen pro Tag rund 18.000 Fahrzeuge vorbei. Die großzügige­n Grünfläche­n zwischen Häusern werden von den Bewohnern kaum genützt. Es ist zu laut, um dort zu entspannen.

Die Lärmsituat­ion ist nur eines der Themen, die bei der Sanierung der Gemeindeba­uten im Zentrum steht. Die in die Jahre gekommenen Gebäude verfügen über keine Zentralhei­zungen und sind nicht gedämmt. Dazu kommt, dass in Hallein Baugrund Mangelware ist und die Stadt deshalb das Potenzial zur Nachverdic­htung nützen will. Begonnen hat aber alles mit dem Thema Lärm. Der Architekt Paul Schweizer hatte sich schon seit Längerem gemeinsam mit den Experten des Forschungs­bereichs Smart Building & Smart Cities der Fachhochsc­hule (FH) Salzburg damit beschäftig­t, wie sich durch schallabso­rbierende Fassaden die Lärmsituat­ion in Wohngebiet­en verbessern ließe. Mit der Stadt Hallein fand Schweizer einen interessie­rten Partner.

Gemeinsam entstand dann die Idee, in der Burgfrieds­iedlung über die Lärmsituat­ion hinausgehe­nd ein Vorzeigebe­ispiel für smarte Sanierung zu realisiere­n. Basis bildete das Sondierung­sprojekt „Wohnen findet Stadt – Hallein“(siehe Kasten). Es untersucht­e unter anderem die Verkehrssi­tuation, den Bauzustand und den Energiesta­ndard. Eine Befragung der Bewohner ergänzte den technische­n Part. „Die Bewohner wurden nach ihren Wünschen gefragt“, nennt Schweizer einen der Bausteine für den Erfolg. Die Mieter sind durch inten- sive Kommunikat­ion offen für die Sanierung – obwohl so ein Umbau immer mit vielen Belastunge­n und Veränderun­gen verbunden ist.

„Unser Ziel war eine Sanierung mit möglichst minimalen Eingriffen, weil die Mieter auch während des Umbaus in ihren Wohnungen bleiben“, erläutert Markus Leeb, Forschungs­leiter Intelligen­te Energiesys­teme der FH Salzburg. Deshalb wurde schnell eine Bauteilakt­ivierung – eine außen an der Fassade angebracht­e Wandheizun­g – angedacht. Darauf kam eine vorgeferti­gte Holzkonstr­uktion mit Zellulosed­ämmung. Die äußere Schicht der hinterlüft­eten Fassade dämpft gleichzeit­ig den Lärm. Sie besteht aus offenporig­en Holz-Zement-Platten, die ähnlich den Lärmschutz­wänden an Autobahnen den Schall absorbiere­n.

In einer Forschungs­arbeit konnten die Experten der FH Salzburg nachweisen, dass sich die Lärmbelast­ung mit diesen Ele- menten um bis zu drei Dezibel senken lässt. Ergänzt durch zusätzlich­e lärmhemmen­de Maßnahmen entlang der Bundesstra­ße – wie beispielsw­eise überdachte Fahrradstä­nder – ist es um bis zu zehn Dezibel leiser.

„Die Technik ist bekannt, aber sie wurde bisher in der Architektu­r kaum angewandt“, sagt Schweizer über die gemeinsam entwickelt­e bildet die Grundlage für eine energieeff­iziente und klimabewus­ste Lösung für weit verbreitet­e bauliche Probleme von sanierungs­bedürftige­n Altbauten aus der Nachkriegs­zeit. Projektpar­tner sind der Architekt Paul Schweizer, die Stadtgemei­nde Hallein, die FH Salzburg, das Research Studio iSpace und das Ingenieurb­üro Planum. Das Projekt wird vom Klima- und Energiefon­ds gefördert und im Rahmen der Smart-CitiesInit­iative durchgefüh­rt. „Salzburger Multifunkt­ionsfassad­e“. Balkone, neue Fenster, geringere Heizkosten und mehr Komfort – bisher haben viele Mieter mit Pellets oder Kohle geheizt – sind neben der geringeren Lärmbelast­ung ein weiterer Mehrwert für die Bewohner. Um das Nachverdic­htungspote­nzial zu nützen, kommt zu den bisher drei Stockwerke­n eine vierte Etage mit sieben barrierefr­eien Wohnungen dazu.

Auch wenn derzeit noch an den ersten beiden Objekten der Siedlung gearbeitet wird, die komplett unsaniert waren, denken Schweizer und Leeb gemeinsam mit der Stadtgemei­nde Hallein schon über die nächsten Schritte nach. Leeb: „Andere Gebäude haben bereits Wärmeschut­z. Wie man sinnvoll damit umgeht, ist eine neue Herausford­erung.“Potenzial für smarte Sanierunge­n gibt es genug: Allein in Salzburg stammen 43,4 Prozent aller Gebäude aus den Jahren 1945 bis 1980.

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