Prozess der Selbstentfremdung
Als Isa dann tatsächlich ausbricht, zuerst beim Dorffest, dann in Wien und noch später Richtung Sehnsuchtsland Italien – wo immer schon die Zitronen wuchsen –, kippt der Roman in eine spätpubertäre Abenteuergeschichte. Dass sich Isa in ihren Selbstgesprächen immer hartnäckiger als „Frau Isa“adressiert, markiert den Prozess der Selbstentfremdung etwas vordergründig. Wirken schon die Sprüche im Notizbuch der pubertierenden Lou nicht besonders bedeutsam, kippen sie latent ins Lächerliche, wenn Isa sie einem ihrer neuen Lover gegenüber im Smalltalk „anwendet“und der junge Mann darauf etwas von ihrer besonderen Originalität murmelt. Es wird jedenfalls ein Jahr voll sex and drugs mit vielen radikalen Blackouts, bis Isa endlich erkennt, dass es sinnlos ist, in Lous Rolle zu schlüpfen. Tatsächlich nimmt man der Figur den großen Befreiungsschlag keine Sekunde ab, allerdings auch nicht die plötzlich wiederentdeckte Leidenschaft für das Klavierspiel.
Vielleicht ist der Fehler – der jungen Frau wie der Geschichte – dass sie sich mehr an der jung verunglückten Lou reibt und weniger an der älteren Zora. Zwar hat auch die ihre dümmlichen Übermütigkeiten wie das „provokante“Maskieren von Krippenfiguren, aber sie lebt doch einen radikal anderen Lebensentwurf als den auf der Polterabendparty vorgesehenen und weiß zugleich über die unausbleiblichen Sehnsüchte in die je andere Richtung Bescheid.
Und am Ende stehlen wir Zitronen
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