Ein vertikales Labyrinth
Baugeschichte. Ein steiles Grundstück, der Wunsch nach Ausgefallenem und unberührter Natur: Wie Architekt Roland Winkler im Kärntner Wald einen anspruchsvollen Auftrag umsetzte.
Rund drei Jahre lang wurde geplant. Drei Häuser mit je rund 150 Quadratmetern und ein Schuppen sind es geworden, angelegt wie ein kleines Dorf, verteilt im Wald, verbunden nur durch Wege und Steige. Und zum Vermieten an Urlaubsgäste gedacht, pro Haus finden bis zu zehn Personen Platz.
„Der Bauherr wollte etwas haben, was er vorher noch nie gesehen hat“, erzählt Roland Winkler, der Architekt des Ensembles. „Er ist eigentlich Schauspieler und wollte so etwas wie eine Bühne haben, um eine Geschichte zu erzählen.“
Die Ausgangslage war denkbar schwierig. Das Grundstück auf der Turracherhöhe liegt mitten im Wald und ist äußerst steil. Dem Architekten gelang es aber, die Häuser so zu verteilen, dass „nur drei Bäume gefällt werden mussten“, wie er stolz erzählt. Und er ließ sich von der dort üblichen Holzbauweise inspirieren. „Das Problem war nur, dass die klassische Blockbauweise, Baumstamm auf Baumstamm, wegen der Wärmedämmwerte heute nicht mehr so bewilligt wird. Es ist uns mit den ortsansässigen Handwerkern gelungen, eine Lösung zu finden, die einerseits der alten Bauweise folgt, andererseits aber die gesetzlich vorgeschriebenen Dämmwerte erreicht.“
Geschafft haben sie das mit einer zusätzlichen Feder aus Mineralwolle als Dämmstoff, durch die die Baumstämme luftdicht miteinander verbunden wurden, wodurch bei einer Dicke von nur 20 cm der erforderliche Wärmedämmwert erreicht wurde.
Alle drei Häuser mussten aufgrund der Steilheit in den Hang hineingebaut werden und verfügen über drei oder vier Geschoßebenen. Da wegen der Bauweise die Länge der Holzbalken vorgegeben ist, sind die Räume sehr klein. „Das Material gibt in dem Fall die Form und den Raum vor, es sind also im Prinzip Turmhäuser geworden, in jedem Geschoß findet ein Raum Platz. Die Häuser werden damit zu einem vertikalen Labyrinth, das eine bestimmte Dramaturgie aufweist. Man muss sie wie einen Berg besteigen, jedes Geschoß hat seine eigene innere Spannung.“Die Haupträume, die sogenannten Stuben mit einem Kamin, sind meist im Erdgeschoß untergebracht. Gedeckt sind die Häuser mit Holzbrettern.
Das Besondere an der kleinen Anlage ist aber die Individualität der Häuser. „Jedes Haus ist anders. Jedes Haus hat sich quasi von selbst entwickelt, wurde nacheinander aufgrund der Lage geplant und gebaut“, erklärt Winkler. Und der Architekt hat sich noch etwas einfallen lassen: Jedes Haus wird von einem Vorbau aus Sichtbetonbau erschlossen. In diesem sind die Stiegenhäuser und Vorratsräume untergebracht – und auch hier ist Individualität das herausstechendste Merkmal, denn jeder dieser Vorbauten, mit einer Holzverschalung gegossen, hat ein an- deres Gesicht. Der Baustoff setzt sich auch im Inneren fort: Der Beton wurde so belassen, nur geschliffen, der Fußboden kommt ebenfalls ohne Aufbau aus. Eines der Häuser ist über eine Brücke mit dem Vorbau verbunden.
Die Holzhäuser selbst werden „durchstochen von einer Betonsäule, einer Wasser- und Feuersäule, in der nicht nur der Kamin für den Hauptraum, die Stube, untergebracht ist, sondern an die auch
Sie liegt zwischen der Steiermark und Kärnten, die Kärntner Seite gehört zum Bezirk Feldkirchen. Baugrundstücke für freistehende Einfamilienhäuser kosten dort zwischen 25,9 und 97 Euro pro Quadratmeter (Quelle: Immobilien-Preisspiegel 2018 der WKO).
„Häuser im Wald“, entworfen von Winkler + Ruck Architekten, wurde 2017 fertiggestellt und mit dem ZV-Bauherrenpreis 2018 für Kärnten ausgezeichnet. die Nassräume angeschlossen sind“, erläutert Winkler. Als zusätzliche Heizung, „es kann hier sehr kalt werden“, wurde eine Fußbodenheizung installiert, die Häuser sind an eine öffentliche Hackschnitzelheizanlage angeschlossen. Und es wird mit Betonteilkernaktivierung gearbeitet, das heißt, die Gebäudemasse wird zur Temperaturregelung genutzt.
„Es war irrsinnig schwierig, hier zu bauen. Fast jedes Teil haben wir selbst herstellen müssen, wir mussten neue Lösungen für viele auftretende Probleme finden“, erinnert sich Winkler. Was aber auch den Reiz ausgemacht hat, denn der Entwurf der Häuser war durch die Lage und das Material in gewisser Weise vorgegeben, „das Wachsen war im Entwurf sozusagen mitgedacht“.
Natürlich ist auch das Innere in diesem Sinn gestaltet. Holz ist das Material der Wahl – und auch hier hat man die Individualität nahezu auf die Spitze getrieben. „Der Hausherr designt sehr gern und hat bis zu Geschirr und Besteck fast alles selbst entworfen“, sagt Winkler.