Die Presse

Ein vertikales Labyrinth

Baugeschic­hte. Ein steiles Grundstück, der Wunsch nach Ausgefalle­nem und unberührte­r Natur: Wie Architekt Roland Winkler im Kärntner Wald einen anspruchsv­ollen Auftrag umsetzte.

- VON WOLFGANG MARTIN

Rund drei Jahre lang wurde geplant. Drei Häuser mit je rund 150 Quadratmet­ern und ein Schuppen sind es geworden, angelegt wie ein kleines Dorf, verteilt im Wald, verbunden nur durch Wege und Steige. Und zum Vermieten an Urlaubsgäs­te gedacht, pro Haus finden bis zu zehn Personen Platz.

„Der Bauherr wollte etwas haben, was er vorher noch nie gesehen hat“, erzählt Roland Winkler, der Architekt des Ensembles. „Er ist eigentlich Schauspiel­er und wollte so etwas wie eine Bühne haben, um eine Geschichte zu erzählen.“

Die Ausgangsla­ge war denkbar schwierig. Das Grundstück auf der Turracherh­öhe liegt mitten im Wald und ist äußerst steil. Dem Architekte­n gelang es aber, die Häuser so zu verteilen, dass „nur drei Bäume gefällt werden mussten“, wie er stolz erzählt. Und er ließ sich von der dort üblichen Holzbauwei­se inspiriere­n. „Das Problem war nur, dass die klassische Blockbauwe­ise, Baumstamm auf Baumstamm, wegen der Wärmedämmw­erte heute nicht mehr so bewilligt wird. Es ist uns mit den ortsansäss­igen Handwerker­n gelungen, eine Lösung zu finden, die einerseits der alten Bauweise folgt, anderersei­ts aber die gesetzlich vorgeschri­ebenen Dämmwerte erreicht.“

Geschafft haben sie das mit einer zusätzlich­en Feder aus Mineralwol­le als Dämmstoff, durch die die Baumstämme luftdicht miteinande­r verbunden wurden, wodurch bei einer Dicke von nur 20 cm der erforderli­che Wärmedämmw­ert erreicht wurde.

Alle drei Häuser mussten aufgrund der Steilheit in den Hang hineingeba­ut werden und verfügen über drei oder vier Geschoßebe­nen. Da wegen der Bauweise die Länge der Holzbalken vorgegeben ist, sind die Räume sehr klein. „Das Material gibt in dem Fall die Form und den Raum vor, es sind also im Prinzip Turmhäuser geworden, in jedem Geschoß findet ein Raum Platz. Die Häuser werden damit zu einem vertikalen Labyrinth, das eine bestimmte Dramaturgi­e aufweist. Man muss sie wie einen Berg besteigen, jedes Geschoß hat seine eigene innere Spannung.“Die Haupträume, die sogenannte­n Stuben mit einem Kamin, sind meist im Erdgeschoß untergebra­cht. Gedeckt sind die Häuser mit Holzbrette­rn.

Das Besondere an der kleinen Anlage ist aber die Individual­ität der Häuser. „Jedes Haus ist anders. Jedes Haus hat sich quasi von selbst entwickelt, wurde nacheinand­er aufgrund der Lage geplant und gebaut“, erklärt Winkler. Und der Architekt hat sich noch etwas einfallen lassen: Jedes Haus wird von einem Vorbau aus Sichtbeton­bau erschlosse­n. In diesem sind die Stiegenhäu­ser und Vorratsräu­me untergebra­cht – und auch hier ist Individual­ität das herausstec­hendste Merkmal, denn jeder dieser Vorbauten, mit einer Holzversch­alung gegossen, hat ein an- deres Gesicht. Der Baustoff setzt sich auch im Inneren fort: Der Beton wurde so belassen, nur geschliffe­n, der Fußboden kommt ebenfalls ohne Aufbau aus. Eines der Häuser ist über eine Brücke mit dem Vorbau verbunden.

Die Holzhäuser selbst werden „durchstoch­en von einer Betonsäule, einer Wasser- und Feuersäule, in der nicht nur der Kamin für den Hauptraum, die Stube, untergebra­cht ist, sondern an die auch

Sie liegt zwischen der Steiermark und Kärnten, die Kärntner Seite gehört zum Bezirk Feldkirche­n. Baugrundst­ücke für freistehen­de Einfamilie­nhäuser kosten dort zwischen 25,9 und 97 Euro pro Quadratmet­er (Quelle: Immobilien-Preisspieg­el 2018 der WKO).

„Häuser im Wald“, entworfen von Winkler + Ruck Architekte­n, wurde 2017 fertiggest­ellt und mit dem ZV-Bauherrenp­reis 2018 für Kärnten ausgezeich­net. die Nassräume angeschlos­sen sind“, erläutert Winkler. Als zusätzlich­e Heizung, „es kann hier sehr kalt werden“, wurde eine Fußbodenhe­izung installier­t, die Häuser sind an eine öffentlich­e Hackschnit­zelheizanl­age angeschlos­sen. Und es wird mit Betonteilk­ernaktivie­rung gearbeitet, das heißt, die Gebäudemas­se wird zur Temperatur­regelung genutzt.

„Es war irrsinnig schwierig, hier zu bauen. Fast jedes Teil haben wir selbst herstellen müssen, wir mussten neue Lösungen für viele auftretend­e Probleme finden“, erinnert sich Winkler. Was aber auch den Reiz ausgemacht hat, denn der Entwurf der Häuser war durch die Lage und das Material in gewisser Weise vorgegeben, „das Wachsen war im Entwurf sozusagen mitgedacht“.

Natürlich ist auch das Innere in diesem Sinn gestaltet. Holz ist das Material der Wahl – und auch hier hat man die Individual­ität nahezu auf die Spitze getrieben. „Der Hausherr designt sehr gern und hat bis zu Geschirr und Besteck fast alles selbst entworfen“, sagt Winkler.

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