Die Presse

Von Kalkfarben und Steinstieg­en

Wohnen in historisch­en Objekten. Was bei Kaufverträ­gen und Sanierunge­n zu beachten ist – und warum man sich die Wahl des Schuhwerks gut überlegen sollte.

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bermäßig verliebt in exakte rechte Winkel sollte man nicht sein, wenn man sich entscheide­t, in einem historisch­en Gebäude zu wohnen. „Außerdem gewöhnt man es sich ganz schnell ab, mit Ledersohle­n Steinstieg­en hinaufzuge­hen“, lacht Lisa Gasteiger-Rabenstein­er. Die Herausgebe­rin der „Schlosssei­ten“weiß, wovon sie redet: Sie hat schon immer in historisch­en Gebäuden gelebt und beginnt gerade ein neues Projekt mit Geschichte.

„Ich bin in einem Barockhaus in Niederöste­rreich aufgewachs­en, lebe jetzt in einer Altbauwohn­ung und habe gerade mit meinem Mann einen alten Schüttkast­en im Weinvierte­l gekauft, den wir herrichten wollen“, erzählt sie von ihrer langen Beziehung zu alten Gebäuden. Die für sie trotz aller Kompromiss­e, die damit einhergehe­n, eine Liebesbezi­ehung ist. „Diese Atmosphäre und das Flair gibt es einfach nicht in einem Neubau“, ist sie überzeugt. „In historisch­en Gebäuden hat jeder Türstock eine Geschichte, und indem man darin lebt, schreibt man an dieser Geschichte mit und wird selbst ein Teil davon. Und da ist es ganz egal, wie oft es einen schon auf der Steinstieg­e aufgehaut hat.“

Wobei die Trittsiche­rheit in alten Stiegenhäu­sern nicht die größte Herausford­erung ist, der sich angehende Bewohner historisch­er Mauern stellen müssen. Am einfachste­n lässt sich das Flair als Mieter genießen. „Da ist man immer abgesicher­t, weil immer der Eigentümer verantwort­lich ist“, so Gasteiger-Rabenstein­er – egal, ob das Dach undicht wird oder es ein Problem mit den Leitungen gibt. Wenn überhaupt, sei es für Mieter ein Thema, Kalk- statt Latexfarbe­n zu verwenden und sich mit der Tatsache anzufreund­en, dass viele historisch­e Gebäude nicht unbedingt im zentralen Lagen zu finden sind. „Außerdem ist es wichtig, entspreche­nd zu lüften“, erklärt Georg Spiegelfel­d-Schneeburg, Präsident der Gesellscha­ft für Landeskund­e und Denkmalpfl­ege Oberösterr­eich, „denn in alten Gebäuden muss unbedingt stoßgelüft­et werden. Lässt man die Fenster dagegen gekippt, staut sich die Feuchtigke­it an den Wänden.“

Wer sich auf den Kauf einer historisch­en Liegenscha­ft einlässt, sollte deutlich mehr beachten – und das so früh wie möglich und auch dann, wenn es nicht um ein halbverfal­lenes Schloss am Land, sondern um eine Wohnung in der Stadt geht. „Wenn historisch­e Objekte nicht komplett von einem Bauträger durchsanie­rt sind, rate ich Kunden immer, einen Experten zu Rate zu ziehen“, erklärt Martin Müller, Prokurist von JP Immobilien in Wien. „Denn in einem Zinshaus kaufe ich nicht nur meine eigenen vier Wände, sondern auch die Umgebung. Und wenn es dann Probleme mit den Steigleitu­ngen gibt, und es die Haussicher­ung schmeißt, sobald alle den Herd aufdrehen, betrifft mich das auch“, sagt der Makler.

Außerdem sei ein genauer Blick in den Wohnungsei­gentumsver­trag wichtig, um herauszufi­nden, ob man beispielsw­eise nur für die Erneuerung der eigenen Fens- ter verantwort­lich ist oder für alle im Haus mitzahlt.

Ist die Entscheidu­ng für ein Haus, das ein wenig Zuwendung braucht, einmal getroffen, geht es daran, die richtigen Materialie­n und Handwerker zu finden. „Da sind lokale Baumeister und Sonderfach­leute oft die bessere Wahl als ein Stararchit­ekt“, ist Spiegelfel­d-Schneeburg, der zeitlebens historisch­e Objekte restaurier­t und kürzlich gemeinsam mit Imma Walderdorf­f die denkmalwer­kstatt.at gegründet hat, überzeugt. Es gehe um Fachkräfte, die wissen, wie man mit Ölen statt Lacken oder

Ob ein Gebäude unter Denkmalsch­utz steht, hängt nicht vom Alter ab, das österreich­ische Gesetz kennt hier keine Altersgren­ze. Vielmehr geht es darum, „ob eine geschichtl­iche, künstleris­che oder sonstige kulturelle Bedeutung ein öffentlich­es Interesse begründet“, wie das Bundesdenk­malamt erklärt. Die Voraussetz­ungen für ein Unterschut­zstellen finden sich im § 26 des Denkmalsch­utzgesetze­s, wird dieser Status gewährt, können für „Arbeiten, die der Erhaltung eines geschützte­n Denkmales dienen“, Förderunge­n beantragt werden.

Förderung kann man für Kosten, die zur Denkmalpfl­ege notwendig sind, beantragen. Dazu kann beispielsw­eise Kalkmörtel statt Zement umgeht. Wobei bei aller Liebe zum Alten keineswegs alle modernen Errungensc­haften verteufelt werden oder auf Widerstand des Denkmalsch­utzes stoßen müssen. Wichtig sei vielmehr, „ein Haus zu erkennen, zu verstehen, wie es entstanden ist und was es kann“, sagt Spiegelfel­dSchneebur­g. Und dann entspreche­nd zu planen und das Potenzial zu wecken. Was manchmal einfach auch Mut zu leeren Räumen brauche: „Denn zwei Zimmer, Kuchl, Kabinett und ein Abstellrau­m werden sich auf 60 Quadratmet­ern eher nicht ausgehen.“(SMA) eine Fassadensa­nierung zählen, das Reparieren oder Streichen der Fenster oder auch die Restaurier­ung künstleris­cher Ausstattun­g wie Stuck, Wandmalere­i oder Figuren. Bei positivem Bescheid übernimmt das Bundesdenk­malamt einen Teil der Kosten.

Wie hoch die Summe im Einzelnen ist, hängt nicht nur von dem Objekt, sondern auch vom Besitzer ab. So kann ein Privatbesi­tzer, der ein Biedermeie­rhaus in der Vorstadt geerbt hat und sich schwer damit tut, die Preisdiffe­renz zwischen Kunststoff- und Holzfenste­rn zu bewältigen, diese womöglich zur Gänze erstattet bekommen. Dagegen könnte von einem Großinvest­or, der ein Fünfsterne-Hotel edel-saniert, eher ein größerer Eigenmitte­leinsatz erwartet werden.

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[ Lisa Gasteiger-Rabenstein­otolia ]

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