Die Schlacht um die Tiere des Urwalds
Zentralafrikanische Republik. Afrikas Waldelefanten sind wie die Gorillas durch Wilderei und die Holzindustrie bedroht. Naturschützer kämpfen um die sanften Giganten des Dschungels.
Der Waffenberg geht in einem Feuerball auf. Geraden hat ihn ein Mitarbeiter des Nationalparks mit Benzin übergossen. Hunderte Gewehre, Pistolen und Drahtschlingen verschwinden in den Flammen. Ranger haben sie im vergangenen Jahr Wilderern abgenommen. Die meisten waren für Antilopen bestimmt, aber auch für Gorillas und Waldelefanten. Luis Arranz blickt gedankenversunken ins Feuer. Als Leiter des WWF im Dzanga Sangha-Schutzgebiet in der Zentralafrikanischen Republik kämpft der Spanier seit vielen Jahren gegen die Elfenbeinwilderei. Er arbeitete seit 1980 in verschiedenen Nationalparks und hat an mehreren Orten im äquatorialen Afrika die zunehmende Abholzung und illegale Jagd erlebt.
Im Garamba-Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo wurden zwischen 2008 und 2013 17 seiner Mitarbeiter von Wildererbanden getötet. „Es war mehr ein Armeeeinsatz als Naturschutz“, erinnert sich Arranz, „aber sie waren mehr als wir.“Und in Dzanga Sangha? „Wir müssen auch hier vorbereitet sein. Ich bin ein Pessimist, einfach weil ich Realist bin.“Seit mehr als 20 Jahren engagiert sich der WWF im Park hauptsächlich finanziert mit Steuermitteln durch Gelder der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Mit Unterstützung der KfW und der Stiftung Tri-National de la Sangha bildet er Wildhüter aus und fördert die Infrastruktur für die Forschung und den Ökotourismus. Das Engagement für Dzanga-Sangha konnte bisher verhindern, dass das Schutzgebiet nicht längst wie andere Parks in der Region ausgewildert wurde. Noch ziehen die Elefanten und Gorillas eine wachsende Anzahl an Besuchern an. Aber wie lange noch?
Nur wenige Kilometer von dem lodernden Waffenberg liegt das Paradies. Von einer haushohen Holzterrasse blickt man auf eine Lichtung im Urwald. Mehr als vierzig Elefanten haben sich hier versammelt. Sie graben mit ihren Rüsseln im Schlick einer Saline nach wertvollen Mineralien. Alte Bullen mit mächtigen Stoßzähnen vertreiben Rivalen mit gespreizten Ohren und unmissverständlichen Drohgebärden. Halbwüchsige Kühe trompeten aufgeregt auf der Suche nach ihren Kälbern. Die Kleinen planschen in aufgestauten Tümpeln und blasen sich den trüben Matsch über die sonnenerwärmten Körper. Daneben suhlen sich ein paar völlig unbeeindruckte Rotbüffel. Eine Gruppe Riesenwaldschweine gesellt sich zu ihnen. Ibisse stolzieren um sie herum und schillernde Bienenfresser halten Ausschau nach auffliegenden Insekten. Die berühmte Dzanga Bai ist wahrhaft ein Garten Eden im Herz der Finsternis. Gemeinsam mit dem angrenzenden Lobek´e-´Nationalpark in Kamerun und Nouabale-´Ndoki in der Republik Kongo bildet Dzanga Sangha das grenzüberschreitende Unesco-Welterbe Sangha Trinational.
Waldelefanten leben in weiten Teilen des tropischen Afrikas von Gabun bis Uganda. Doch nirgendwo sonst kann man sie wie hier Tag und Nacht in so großer Anzahl beobachten. Niemand kennt die Tiere so gut wie Andrea Turkalo. Als die Biologin 1980 mit ihrem damaligen Mann, einem Gorillaforscher, zum ersten Mal in die Zentralafrikanische Republik reiste, war sie von Dzanga Sangha fasziniert. Sie kehrte zehn Jahre später zurück und begann ihre Forschungsarbeit über die Waldelefanten. „Ich hatte einfach Glück“, sagt sie. „Niemand hatte die Tiere zuvor wirklich studiert.“Sie schlug in der Nähe der Lichtung ihr Lager auf und begann akribische Aufzeichnungen über die Elefanten. In kurzer Zeit konnte Turkalo die einzelnen Tiere an ihren Schädelformen und Einrissen in den Ohren unterscheiden. „Ich bin ein sehr visueller Mensch“, sagt die 65-jährige über sich, „für mich sind Elefanten wie Menschen. Ich erkenne sie anhand ihrer Gesichter.“Sie gab ihnen Namen und lernte, ihre komplexen Familienstrukturen und Lebensweisen zu verstehen. Vieles von dem, was die Forschung heute über die Waldelefanten weiß, geht auf Turkalos Langzeitstudien für die Wildlife Conservation Society zurück.
Vor einem Jahr musste die Forscherin überraschend aufgeben. Die Forderung von einer gewaltigen Summe an Forschungsgeld durch die Regierung in Bangui galt wohl als Vorwand, um die unbequeme Elefantenexpertin loszuwerden. „Die Wilderei ufert aus“, sagt Turkalo. Sie ist immer wieder Zeugin des Abschlachtens geworden. Manchmal erreichte sie ein Notruf eines Wildhüters mitten in der Nacht, der von Wilderern im Park warnte. Dann fuhr sie den bewaffneten Schergen entgegen. Für ihre Elefanten nahm sie alle Risiken auf sich. Seit 1990 hat Turkalo fast 4000 Waldelefanten identifiziert. Etwa 1500 besuchen in regelmäßigen Abständen die Lichtung. Von einigen Familien kennt sie bereits die dritte Generation.
Waldelefanten galten lange als Unterart des Steppenelefanten. Durch genetische Untersuchungen werden sie aber inzwischen als eigene Art anerkannt. Ihre Schulterhöhe von bis zu 2,40 Metern ist deutlich niedriger als die ihrer Verwandten in der Savanne. Mit kleineren und runderen Ohren und weniger gebogenen und massiven Stoßzähnen sind sie ideal an das Leben in dichter Vegetation angepasst. Turkalo entdeckte, dass die Waldelefanten erst viel später geschlechtsreif werden und längere Babypausen einlegen als Steppenelefanten. Das macht ihre Be-
Zum Beispiel mit Brussels Airlines (www.brusselsairlines.com) über Brüssel oder mit Ethiopian Airlines (www.ethiopianairlines.com) über Addis Abeba nach Yaounde´ in Kamerun. Von hier aus kommt man am besten in zwei Tagesetappen in den Lobek´e-´Nationapark an der Grenze zur Zentralafrikanischen Republik. Den letzten Abschnitt der Reise reist man auf dem Dzanga-Fluss nach Bayanga im Dzanga-Sangha-Schutzgebiet.
Von der Terrasse der Doli-Lodge hat man einen spektakulären Blick auf den DzangaFluss: dzanga-sangha.org/de/content/doli-lodge Die Sangha Lodge liegt an einer Flussgabelung inmitten des Urwalds. Der südafrikanische Besitzer ist ein versierter Ornithologe und Kenner der Region. sanghalodge.com zentralafrika.de für die Zentralafrikanische Republik besteht aktuell eine Reisewarnung, bmeia.gv.at
Die Recherche wurde von Diamir Erlebnisreisen unterstützt